Herman Grimm (1828-1901)

Biografische Skizze

Herman Grimm

* 6.1.1828 in Kassel; † 16.6.1901 in Berlin
Schriftsteller, Ordinarius für Kunstgeschichte, Literaturhistoriker, Publizist, Geheimer Regierungsrat

Als Sohn von Wilhelm Grimm, dem jüngeren der Gebrüder Grimm, wuchs G. in einem Umfeld der „Aristokratie des deutschen Geistes“ (Waetzoldt) auf. Er studierte zunächst Jura, später Philologie in Bonn. 1857 unternahm er eine Italienreise, die ihn zur Kunstgeschichte brachte. G. promovierte 1868 in Leipzig und habilitierte sich 1870 in Berlin, wo er 1873 auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Kunstgeschichte berufen wurde, den er bis zu seinem Tod 1901 inne hatte.

Biographische Links
The Dictionary of Art Historians
Wikipedia

Mehr Dichter als Historiker ist Herman Grimm bis heute eine umstrittene Figur der Geschichte der Kunstgeschichte: Er nahm seinen Ausgangspunkt im Feld der Schönen Literatur, schrieb Gedichte, Novellen, Romane und Dramen, bevor er – erst 1860/63 – erstmals mit seiner ungeheuer erfolgreichen Michelangelobiographie kunsthistorisches Terrain betrat. Grimm kultivierte in der Folge zwei kunstliterarische Darstellungsformen, die, teilweise zu Unrecht, mit dem Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit belegt wurden: den Essay und die groß angelegte Künstlerbiographie. Beide Medien waren einerseits geeignet, sich in die „Individualitäten der großen Meister“ hineinzubegeben – wie Grimm selbst das Projekt einer ‚modernen‘ Kunstgeschichte umschrieb; andererseits eröffneten sie breite Leserschichten im gründerzeitlichen Bildungsbürgertum, das die häufig heroisierenden Beiträge zu ausgewählten Leitsternen wie Michelangelo, Raphael, aber auch Homer und Goethe, dankbar aufnahm. Beeinflusst von E. Guhl betrieb Grimm, wie gleichzeitig mit ihm C. Justi u. a., Kunstgeschichte wieder dezidiert als Künstlergeschichte und begab sich damit in methodischen Konflikt zu den Repräsentanten der Berliner Schule. Unter den Jüngeren lehnte vor allem J. Burckhardt diesen Ansatz ab. H. Wölfflin, Grimms Nachfolger auf dem Berliner Lehrstuhl für Kunstgeschichte, vollzog mit seiner „Kunstgeschichte ohne Namen“ eine fundamentale Abkehr von seinem Vorgänger. Innovativ wirkte Grimm auf den universitären Lehrbetrieb: Als erster setzte er das Skioptikon ein, um durch Lichtbildprojektionen die in seinen begeisternden Vorträgen behandelten Kunstwerke zu aktualisieren. Die von Grimm 1865 begründete Zeitschrift Über Künstler und Kunstwerke, von der nur zwei Jahrgänge erschienen, gehört zu den ersten Kunstzeitschriften, die mit Fotografien illustriert wurden. (S.E.)

Herman Grimm - digital nach oben

Grimm, Herman
Zehn ausgewählte Essays zur Einführung in das Studium der neueren Kunst
Berlin, 1883

Grimm, Herman
Leben Michelangelo's
Hannover, 1860-1863

Vasari, Giorgio / Grimm, Herman (Übers.)
Das Leben Raphaels von Urbino
Berlin 1872

Weiterführende Literatur nach oben

Editorische Angaben

Quellen zur Geschichte der Kunstgeschichte - digital