Johann Gottfried von Herder (1744-1803)

Biografische Skizze

Johann Gottfried von Herder

*25.8.1744 in Mohrungen (Morąg, Polen); †18.12.1803 in Weimar
Theologe, Dichter, Dramatiker, Kultur- und Geschichtsphilosoph, Ästhetiker, Übersetzer, Herzgl. Sachsen-Weimarischer Generalsuperintendent, Oberkonsistorialrat, Oberhofprediger

H. wurde in eine pietistische Kleinbürgerfamilie geboren. Zeitlebens quälte ihn eine Augenkrankheit, so dass eine geisteswissenschaftliche Laufbahn anfangs fraglich schien. Die Gelegenheit zur Emanzipation aus den engen Verhältnissen Mohrungens kam, als sich ein russischer Regimentschirurg erbot, H. in Königsberg zum Chirurgen auszubilden. Die mangelnde Eignung für diesen Beruf rasch einsehend, schrieb sich H. 1762 an der theologischen Fakultät ein. Goethe, den er 1770 in Straßburg kennen gelernt hatte, verschaffte ihm 1776 in Weimar eine Stellung als Generalsuperintendent, nachdem H. seinen Unterhalt bis dahin als Lehrer in Königsberg und Riga, als Reiseprediger in Hollstein-Eutinischen Diensten und als Konsistorialrat in Bückeburg verdient hatte. Zwei Rufe an die Universität Göttingen lehnte H. ab.

Biographische Links
Wikipedia

 

J. G. v. Herder war in engerem Sinne kein Kunsthistoriker. Als Ästhetiker und Kunst- und Kulturphilosoph berührte er aber in verschiedenen Schriften Gegenstände der bildenden Kunst und setzte sich kritisch mit aktuellen Publikationen zur Ästhetik auseinander: Er bezog Position gegen G. E. Lessing im sogenannten Laokoon-Streit, prangerte im nicht publizierten Vierten kritischen Wäldchen anlässlich von F. J. Riedels Theorie der schönen Künste und Wissenschaften (1767) die Bücherweisheit an, die der wirklichen Kunstkenntnis entbehre, und war mit der Preisschrift Denkmal Johann Winkelmanns, die er 1778 bei der ‚Casseler Gesellschaft der Altertümer’ einreichte, einer der ersten, der Winckelmanns normatives Geschichtsbild grundsätzlich in Frage stellte. Herder führte in dieser – erst posthum 1882 publizierten – Schrift den Nachweis, dass auch die Kunst der Griechen Fremdeinflüssen unterlag und akzentuierte die Kategorie der ‚Geschichte’ in der Kunsthistoriographie gegenüber deren Bedeutung als Lehrgebäude. Methodisch folgenreich ist die Differenzierung von Künstlerliteratur und wissenschaftlicher Kunstliteratur. In der Schrift Plastik vollzieht er eine Abkehr vom Idealbegriff des Kunstschönen, indem er Schönheit als inhärente Qualität des individuellen Kunstwerks sieht und mit dem als Tastsinn aufgefassten „Gefühl“ eine adäquate Anschauungsform einführte. J. W. v. Goethes für die Romantik so bedeutendem Aufsatz Von deutscher Baukunst sicherte Herder eine breitere Leserschaft, indem er ihn in sein Bändchen Von deutscher Art und Kunst (1773) aufnahm. (S.E.)

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Editorische Angaben

 


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