Die Florentiner Palastbauten der Frührenaissance
Wie grundlegend die Neuerungen waren, die sich im privaten Palastbau des frühen 15. Jahrhunderts in Florenz ereigneten, verdeutlicht einer der opulentesten Paläste des 14. Jahrhunderts. Das engbrüstig in die Straßenflucht eingezwängte Gebäude des Palazzo Davanzati zeigt die folgende Gliederung: ein hohes, in Buckelsteinen (Bugnato-Technik ) gemauertes dreiachsiges Straßengeschoss, das über eineinhalb Geschosse reicht und das mit einem stark vorkragendem Gesims abschließt; darüber folgen zwei weitere hohe Geschosse, ein jedes mit einem Halbgeschoss, getrennt durch Gesime, die zugleich die Fenstersohlbänke sind. Je fünf Fenster sind in das hier glatte Mauerwerk eingepasst. Auf das vierte Geschoss, das wesentlich niedriger ist, folgt die offene Loggia, die ein unverzichtbarer Bestandteil der gehobenen Florentiner Wohnkultur war und als Dachgarten diente. Dem Straßengeschoss entspricht im Inneren eine Durchgangshalle, die in einen engen Hof führt, der auf zwei Seiten von Pfeilerarkaden eingefasst ist, während die dritte Seite von einer engen und steilen Treppenstiege eingenommen wird. Der große Saal liegt im ersten Geschoss.
Die Veränderungen, die sich im privaten Wohnbau der Oberschicht vollzogen, drücken sich besonders markant in der Isolierung des Palastes aus, der zu einem Prestigeobjekt und einem sichtbaren Symbol für Macht und Reichtum des Patriziats wird. Drückte sich in den mittelalterlichen Städten die Konkurrenz der Geschlechter in der Höhe der turmartigen Gebäude aus, wie es heue noch die Silhouette von San Gimignano zeigt, artikulieren sich die nach wie vor existierenden sozialen Spannungen im Floren des 15. Jahrhunderts in einer neuen Typologie der Familienresidenzen. Der Palazzo Busini-Bardi in der Via de’ Benci ist dafür eines der frühesten Beispiele. Er verfügt über einen regelmäßigen Innenhof, dessen Erdgeschoss eine umlaufende, auf Säulen ruhende Arkatur bildet. Der 1427 erstmalig erwähnte mächtige Bau wurde von Vasari Brunelleschi zugeschrieben; heute gilt er, wenn auch nicht unumstritten, als Werk Michelozzos. In der Gesamtgestalt und Außengliederung hat sich einiges verändert: der Baukörper gewinnt wesentlich an Breite und verliert an Höhe, statt vier Geschossen gibt es nur mehr drei, deren Höhe kontinuierlich nach oben abnimmt. Getrennt werden sie von leicht auskragenden Gesimsen unterhalb des Fensters, die aber nicht der inneren Geschosseinteilung entsprechen. Die Fensterform in den beiden gleich ausgestatteten Hauptgeschossen ist gleichförmig halbrund, die Dachloggia entfällt, das Mauerwerk ist verputzt und besitzt eine monochrome Bemalung in der Graffitto-Technik (von graffiare = kratzen), die eine regelmäßige Quaderung imitiert. Wichtig ist auch die Ecksituation, die zwar betont ist, aber noch nicht für zwei freistehende Fassaden genutzt wird.
Die meisten neuen Paläste wurden auf Arealen errichtet, die zuvor schon bebaut gewesen waren und nach der für Florenz üblichen Exilierungspraxis und Enteignung dann an jene Familien kamen, die neuen Machtkonstellationen angehörten.