I.8

Ödipus im ‚Club der toten Dichter’
Mit seiner neunbändigen Monde primitif zeichnet der hugenottische Pfarrer und prominente Freimaurer Antoine Court de Gébelin (1725–1784) ein Idealbild der primitiven Menschen als nutzorientiert agierender und noch nicht korrumpierter Wesen.

Überlebsel der ursprünglichen Geisteshaltung der Menschen versteht. Entsprechend widmen sich allein vier Bände der Monde primitif der etymologischen Rückführung moderner Sprachen (Latein, Griechisch, Französisch) auf ihre primitiven Ursprünge. Auch alle anderen Kulturprodukte wie Schriftzeichen und Bilder lassen sich für Gébelin derart auf eine primitive „Universalgrammatik” rückführen.
Sinnbild und Rollenmodell für dieses Konzept von Aufklärung ist ihm der im Frontispiz gezeigte Ödipus, der mit seiner Lösung des Rätsels der Sphinx den Schleier, der über der Wahrheit lag, lüftete und so ihren monströsen, allegorischen Körper besiegte. Die Sphinx ist also ein Sinnbild für die verdunkelte Wissenschaft.
 

I.8 Antoine Court de Gebelin: Monde primitif, analysé et comparé avec le monde moderne, Paris: Boudet, 9 Bde.; 1773–1782
Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Altert.qt.227

I. Der Blick auf alle Religionen und Riten der Welt