Ornamentum: Schmuck in Mittelalter und Früher Neuzeit
Das Netzwerk geht von einem seit langem bestehenden Desiderat aus, das schon Fritz (Goldschmiedekunst der Gotik Mitteleuropas, 1981, 19) anmeldete:
„Alle anderen Schmuckgattungen [abgesehen von Gürteln, die Fingerlin 1971 erforschte] sind in ihrem Zusammenhang noch weitgehend unerforscht, was in der geringen Anzahl vorhandener Exemplare begründet liegt.“
Angesichts der wohl enormen Verlustraten vor allem weltlichen Schmucks mag man zwar zu recht von „geringen“ Mengen sprechen, vieles ist hier noch zu entdecken; ein ernsthafteres Problem bildet aber die bis dato ausstehende Vernetzung von Material- und Wissensbeständen, u.a. auch was das Verhältnis westeuropäischer Schmuckkulturen zu denen des Ostens und des Mittelmerraums anbelangt.
Die bisherigen Forschungsperspektiven auf Schmuck sind meist formen- und sozialgeschichtlich. Sie weisen Schmuck – oft pauschalisierend – ostentativ-distinguierende und apotropäische Funktionen zu. In der Tat sind dies wichtige Dimensionen, die aber für ein differenziertes Verständnis von Schmuckobjekten nicht immer hinreichen. Mittelalterlicher Schmuck wird durchaus intensiv – in den letzten Jahren vor allem im Kontext von Schatzfunden ‒ erforscht, dies geschieht aber noch häufig abgekoppelt von aktuellen bildgeschichtlich-mediävistischen Diskussionen über Sinneswahrnehmungen und über die Zusammenhänge von Körper und Bild, von rezenten Debatten um Dinglichkeit, Materialität oder um Performativität und die Beweglichkeit der Medien und ihrer Betrachter. Derartige Themen verbindet die Mittelalter- und Frühneuzeitkunstgeschichte eben nicht mit Schmuckobjekten, sondern verfolgt sie vorzugsweise am Beispiel von Buch- und Tafelmalerei oder der Kleinplastik, was mit einer unterschwellig noch wirksamen Gattungshierarchie zusammenhängen mag.
Das 2015 von Silke Tammen (†) initiierte Netzwerk (Gründungsmitglieder: Dr. Antje Bosselmann-Ruickbie, Romina Ebenhöch, MA, Dr. Vera Henkelmann, Dr. Maria Stürzebecher, Prof. Silke Tammen) möchte daher Impulse zu neuen, vernetzten Forschungen und dem Informationsaustausch geben.