Emmeneggers Maltechnik

Als Bildträger benutzte Emmenegger gewerblich vorgrundierte Malleinen unterschiedlicher Beschaffenheit und Herkunft, von denen er mehrere Rollen vorrätig hatte. Aus diesen schnitt er kleinere Abschnitte zu und spannte sie auf Keilrahmen. Bis im Februar 1904 versah er jeden aufgespannten Bildträger zusätzlich mit einer eigenen, zweiten Grundierung aus weisser Bleiweiss-Ölfarbe der Sorte Mussini. Den fertig aufgespannten Bildträger nahm er ins Verzeichnis der Leinwände auf, das er im Maltechnik-Notizbuch führte. Sobald er entschieden hatte, wofür er ihn verwenden würde, ergänzte er den Eintrag mit der Werkkategorie und dem Werktitel.

In der Zeit, in der Emmenegger ein Logbuch führte, zwischen Februar 1901 und Juni 1905, entsprach seine Malweise der heute sogenannten «Schichtenmalerei» (Abb. 1–3); dafür verwendete er die hochwertigen Künstlerölfarben der Sorte Mussini. Andere Maltechniken scheinen ihn nicht gereizt zu haben; auch an der Temperamalerei, die viele seiner Zeitgenossen – oft nur vorübergehend – faszinierte, zeigte er kein Interesse.

Diese zweite Grundierung liess er normalerweise einige Wochen härten; bevor er zu malen begann, wusch er sie mit Seifenwasser, «Weingeist», Terpentin oder Benzol. Am nächsten Tag führte er mit Kohle die Unterzeichnung aus, die er mit Schellack-Fixativ fixierte, oder übertrug die Umrisse eines bereits vorhandenen Sujets mit einer Pause und sogenanntem «Indigopapier» (blauem Durchschlagpapier). Gleich anschliessend begann er, zu untermalen. Die Untermalung, mit der er stets die gesamte Bildfläche abdeckte, liess er im Idealfall – wenn er nicht unter Zeitdruck stand – mehrere Wochen trocknen. Danach wusch er sie mit Seifenwasser oder einem organischen Lösemittel und überzog Farbbereiche, die beim Trocknen matt geworden waren, mit einem Retuschierfirnis. Anschliessend «übermalte» bzw. «vollendete» er das Bild, wobei er seine Mussini-Farben manchmal mit bis zu drei verschiedenen Malmitteln mischte. Zwischendurch und zuletzt trug er weitere Lagen von Retuschierfirnis auf, insbesondere auf matt gewordene Partien.

Fast jeden der oben erwähnten Schritte stellte Emmenegger irgendwann in Frage. War es notwendig, eine zweite Grundierung aufzutragen? Welcher Grundierungsauftrag war der richtige, wenn lasierend gemalt werden sollte? Wie liess sich eine Grundierung am besten glätten? War es richtig, die Kohleunterzeichnung zu fixieren? Welches Malmittel führte zu welcher Farbwirkung? Wie konnte verhindert werden, dass sich Frühschwundrisse bildeten? Welche Farbmischungen blieben stabil? Und war es ratsam, ein Gemälde abschliessend zu firnissen? – Alle diese Überlegungen notierte er im Logbuch.