II.42

Der jüdische Gottesdienst als Vorbild des christlichen
In De synagoga vetere benutzte Campegius Vitringa d.Ä. (1659-1722) die kritische Wissenschaft und ihre Erkenntnisse zugleich für den eigenen religiösen Standpunkt.

Der reformierte Theologe, Hebraist und Professor für Orientalische Sprachen an der Universität Leiden ging in seinen Überlegungen davon aus, dass die religiösen Ämter, Kulthandlungen und Zeremonien des Christentums weder durch die Bibel noch die Patristik eindeutig festgelegt worden waren. Vitringa versuchte einen engen Zusammenhang zwischen dem jüdischen Gottesdienst in der Synagoge und dem christlichen Gottesdienst zu begründen. Er beabsichtigte, die Kultstruktur der frühen Christen möglichst einfach und ‚rational‘ erscheinen zu lassen. Einige zentrale Aspekte des katholischen Kultes werden ganz oder doch weitgehend übergangen, etwa die Eucharistiefeier, deren Opferterminologie aus dem Judentum übernommen sei, ohne dass dies in der Folge detaillierter dargelegt würde. Implizit soll hier offenbar die Richtigkeit der einfachen Riten der reformierten Kirche gegenüber den Bräuchen der Katholiken aufgezeigt werden. Vitringas Synagogen-Buch wurde viel diskutiert und seine Thesen zumindest in abgeschwächter Form weithin rezipiert.
 

II.42 Campegius Vitringa: De synagoga vetere, Franeker: Gyzelaar, 1696
UB Heidelberg, Q 764-4 RES

II. Antiquarisch-historische Forschung