Der Auktionsmarkt in Deutschland von 1930 bis 1945

Grob lässt sich die Entwicklung des Auktionsmarkts in drei Zeitabschnitte gliedern, die durch die historischen Zäsuren der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 sowie durch den Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 markiert werden. Die im Oktober 1929 ausgebrochene Weltwirtschaftskrise bedeutete auch für die deutsche Wirtschaft sinkende Exporte, massive Einbrüche im Binnenhandelsaufkommen sowie Deflation. Daraus folgten eine hohe Arbeitslosigkeit und sinkende Einkommen. Für den Auktionsmarkt wurde daraus eine Belebung geschlossen, da viele Sammler aufgrund der schlechten Wirtschaftssituation zu Zwangsverkäufen gezwungen waren und mit ihren Kunstwerken auf den Markt drängten. Dies habe wiederum zu einem hohen Angebot mit niedrigen Preisen geführt. Betrachtet man jedoch die für Deutschland in diesem Zeitraum veröffentlichen Auktionskataloge, zeigt sich ein anderes Bild: Hier lässt sich ein deutlicher Rückgang der Veröffentlichungen feststellen, der mit dem Rückgang der Tätigkeit von Auktionshäusern in den Jahren zwischen 1930 und 1933 korreliert. Die Nachwirkungen der Weltwirtschaftskrise trafen folglich auch den Kunstmarkt massiv. So beklagte etwa Der deutsche Auktionator den durch die Finanzkrise und durch den Einsatz geliehenen Geldes ausgelösten Einbruch im Kunsthandel und im Auktionswesen. Die Kapitalentziehung habe auch die großen Versteigerungshäuser getroffen, die alle zu sehr auf hochpreisige Kunstobjekte gesetzt hätten, obwohl in Berlin und Deutschland selbst nur wenige kaufkräftige Sammler vorhanden seien.

Noch deutlicher schlägt sich die Machtergreifung der Nationalsozialisten auch in einem Rückgang an veröffentlichten Katalogen und tätigen Auktionshäusern von 1932 auf 1933 und nochmals von 1933 auf 1934 nieder. Über den Rückgang der Auktionstätigkeit hinaus muss die Kunstpolitik der Nationalsozialisten zudem als massiver Eingriff und Erschütterung des Bestehenden gelesen werden, durch den es zu erheblichen Umwälzungen auf dem Auktionsmarkt kam. Mit den ersten Boykotten jüdischer Unternehmen 1933 und 1934 emigrierte eine Reihe jüdischer Auktionatoren; viele Auktionshäuser quer durch Deutschland waren zur Aufgabe gezwungen. Diese erste „Arisierungswelle“ brachte zugleich zahlreiche Sammlungen auf den Markt, und die unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten einsetzenden Emigrationen führten zu etlichen Wohnungsversteigerungen, die wiederum ein neues Betätigungsfeld für einige neugegründete Auktionshäuser boten, wie etwa Dr. Günther Deneke und das Kunstversteigerungshaus Union in Berlin oder der Altkunst GmbH in München. Zugleich entfielen große Käuferschichten. Ein Anstieg der Auktionstätigkeit oder gar eine Überschwemmung des Markts durch Zwangsverkäufe wegen Auswanderung lässt sich nicht beobachten.

Die deutsche Wirtschaftsentwicklung der folgenden Jahre kennzeichnete der konjunkturelle Aufschwung durch die sogenannte Wehrwirtschaft, den die Rüstungsindustrie ab 1937 weiter ankurbelte und der zu rückläufigen Arbeitslosenzahlen führte. Allerdings war der Handel mit dem Ausland aufgrund der Devisenbewirtschaftung und hoher Zölle deutlich eingeschränkt. Dieser Aufwärtstrend der Wirtschaft lässt sich im Auktionswesen in den Jahren 1935 bis 1937 an der Menge der veröffentlichen Auktionskataloge nicht bestätigen. So erhöht sich die Publikationstätigkeit in Deutschland von 1934 mit 112 Katalogen zu 1935 mit 120 Katalogen zwar leicht, im Jahr 1936 werden jedoch nur 108 Kataloge herausgegeben. Auch die Zahl der tätigen Auktionshäuser bleibt mit 30 im Jahr 1934, 34 im folgenden Jahr sowie nur noch 28 im Jahr 1936 relativ konstant. Auch Der deutsche Versteigerer beklagt, dass gegenüber Frankreich, Holland und England, wo sehr hohe Preise erzielt würden, in Deutschland nur wenig Auktionsgut bei konstanten Preisen auf den Markt käme. In den Jahren bis Kriegsbeginn sinkt sowohl die Zahl der veröffentlichten Kataloge als auch die der tätigen Auktionshäuser kontinuierlich. 1938 werden nur noch 85 Kataloge in Deutschland von 26 Auktionshäusern gegenüber 235 Katalogen von 54 Versteigerungsfirmen im Jahr 1930 veröffentlicht.

Mit Kriegsbeginn 1939 ging die Zahl der veröffentlichten Auktionskataloge und der tätigen Versteigerungshäuser nochmals zurück, stieg allerdings 1940 leicht an. Die Kunstpresse beschwor die „große Kauflust bei nicht übermäßigem Angebot“, aber auch die stark anziehenden Preise. Teilweise kam es zur Überbietung der Schätzpreise um das drei- bis vierfache. Um Spekulationen, wie sie nach dem Ersten Weltkrieg das Auktionswesen in Misskredit gebracht hatte, zu zügeln, überwachte offenbar der Sicherheitsdienst schon ab 1940 die Einhaltung eines Preislimits. Die Einführung einer „Stopp-Verordnung“ am 15. Dezember 1941, ein seit 1934 auf Konsumgüter angewandtes Regulierungsinstrument, bei dem die Preise nur durch die Genehmigung einer Sonderkommission angehoben werden konnten, wurde jedoch aufgrund der Intervention des Kunsthändlers Karl Haberstock wieder zurückgezogen. Eine Kontrolle der tatsächlich erzielten Preise wäre nicht nur schwierig in der Überprüfung gewesen – da ja auch ohne weiteres die Schätzpreise entsprechend hoch ausgewiesen hätten werden können –, sondern man befürchtete auch, durch eine zu strenge Regelung potentielle Verkäufer in den Schwarzmarkt zu treiben. Zugleich brach mit Kriegsbeginn der Handel mit dem Ausland zunächst vollständig ein, was sich insbesondere auf den Kunstmarkt in der Schweiz auswirkte.

Ab 1942 ging mit der Zunahme des Bombenkriegs auf Deutschland und dem Rückgang der Wirtschaft auch das Auktionsgeschäft drastisch zurück. 14 Auktionshäuser in Deutschland veröffentlichten nur noch 24 Kataloge. Trotz Goebbels Ausruf des „totalen Kriegs“, mit dem große Teile des Wirtschaftslebens zum Erliegen kamen, verkündete Der deutsche Versteigerer, dass es auch im „totalen Krieg“ zu keiner völligen Schließung des Versteigerungswesens kommen würde. Allerdings würden nur noch Versteigerungen im öffentlichen Auftrag abgehalten; Privatpersonen seien diese nur gestattet, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde ein hierfür dringendes Bedürfnis anerkenne. Dies geschah offenbar recht häufig. So erschienen 1943 immerhin 24 Auktionskataloge von 16 Auktionshäusern. Mit der Zunahme des Bombenkriegs 1944 kam es schließlich zu einem erheblichen Rückgang: 7 Auktionshäuser veröffentlichten je einen Katalog. Ab September 1944 fanden keine Versteigerungen mehr statt: Kunstwerke wechselten nur noch im freien Verkauf den Besitzer. Auch das zentrale Mitteilungsorgan des Kunstmarkts, die Weltkunst, wurde eingestellt.

Ein Spiegel dieser allgemeinen Entwicklungen am Auktionsmarkt, zugleich aber auch ein differenzierteres Bild liefert der Blick auf die einzelnen größeren Auktionszentren in Deutschland, unter denen Berlin herausragt. Aber auch in Frankfurt, Hamburg, München, Köln und Stuttgart agierten kontinuierlich Auktionshäuser mit unterschiedlichen Schwerpunkten, während in Düsseldorf, Leipzig und Mannheim nur wenige Auktionshäuser existierten. In zahlreichen Städten wirkten nur ein oder zwei Auktionshäuser für sehr kurze Zeit.
(Astrid Bähr, 2013)


Literatur:
Enderlein 2006, S. 65ff.
Görnandt 2005, S. 162f.
Jeuthe 2011
o. V., Ruhm muß billiger werden! Berliner Kunsthandel – ein Abbild der schlechten Zeit, in: Der deutsche Auktionator 2, 1931, Nr. 17/18, S. 99 o. V., Ruhm muß billiger werden! Berliner Kunsthandel – ein Abbild der schlechten Zeit, in: Der deutsche Auktionator 2, 1931, Nr. 17/18, S. 99
Schwarz 1962, S. 126-129.
Tisa Francini/Heuß/Kreis 2001, S. 119ff.
Wilhelm 1990, S. 60ff.


Auktionshäuser in Deutschland 1930-1945

Auktionskataloge in Deutschland 1930-1945