Die "Weltkunst"

Der Maler, Sammler und Kritiker Walter Bondy gründete 1927 die Kunstmarktzeitschrift Die Kunstauktion. Ihm schwebte ein „Börsenblatt“ des Kunstmarkts mit möglichst genauer, unbestechlicher Berichterstattung vor, wie er im programmatischen Editorial der ersten Ausgabe am 15. Oktober 1927 schrieb. Konsequent folgten Bondy und seine Redaktionskollegen diesem Anspruch mit Auktionsvorberichten, Resultaten von Versteigerungen, Neuigkeiten aus dem Kunsthandel und Sammlungswesen, aus den Museen und der kunsthistorischen Forschung. So wurde das Blatt im Zeitungsformat, das wöchentlich mit bis zu 14 Seiten erschien, zum wichtigsten Organ des deutschen Kunstmarkts. Eine unerschöpfliche Fülle von Informationen aus allen nur denkbaren Bereichen der Kunst bietet die Seite „Nachrichten von Überall“. Ziemlich witzig sind zuweilen die Glossen, etwa vom Schriftsteller Kurt Kusenberg unter dem Pseudonym „Simplex“.

J.I. von Saxe übernahm 1929 die Herausgeberschaft von Bondy. Um neben der Fokussierung auf den Auktionsmarkt ein größeres Publikum anzusprechen, suchte Saxe mit Hilfe einer Jury nach einem neuen Namen. Am 28. September 1930 erschien die Zeitschrift erstmals unter dem Namen Weltkunst, den sie bis heute trägt. Ab 1934 gehörte der Verlag Carl August Breuer, der ihn wegen der Gleichschaltung durch die Nationalsozialisten teilweise von Paris aus leitete. Wie alle Presseorgane unterstand auch die Weltkunst in der NS-Zeit der Reichspressekammer. Zwar finden sich selten martialische Propaganda-Artikel und man spürt meist den Willen, möglichst sachlich zu berichten und manches zwischen den Zeilen anklingen zu lassen, doch war die Weltkunst – ob sie es wollte oder nicht – mit ihren akribischen Ankündigungen von Auktionen und Sammlungsverkäufen bis hin zum Abdruck von Ergebnislisten tief verstrickt in den Handel mit Raubgut aus jüdischem Besitz. Bis in die letzten Kriegsjahre stößt man in den Anzeigen und Vorberichten auf zahllose Versteigerungen aus ungenannten privaten Sammlungen und bürgerlichen Wohnungsauflösungen – ein Großteil davon hat mit dem Rassenwahn, der Entrechtung, Vertreibung und dem Staatsterror zu tun.

Mit der digital erschlossenen Die Kunstauktion und Weltkunst von 1927 bis 1944 öffnet sich ein gewaltiges Archiv zum Kunstgeschehen in der Weimarer Republik und der NS-Zeit. Die im „Dritten Reich“ erschienenen Jahrgänge sind zudem eine wichtige Quelle für die Provenienzforschung in Raubkunstfällen. 1943 wurden die Berliner Redaktionsräume der Weltkunst, die hier auch einen öffentlichen Lesesaal unterhielt, ausgebombt und die Arbeit nach Nauen verlegt. Am 15. September 1944 war dann wegen „der durch den totalen Krieg bedingten Konzentrationsmaßnahmen auf dem Gebiete der Presse“ endgültig Schluss. Seit dem Jahr 1949, in dem die Familie Breuer in München neu anfing, erschien die Weltkunst ununterbrochen. Nach mehreren Besitzerwechseln gehört sie seit 2005 dem Hamburger Zeitverlag, in dem auch Die Zeit erscheint. Der Redaktionssitz wurde 2012 wieder nach Berlin verlegt.

Die in der „Weltkunst“ veröffentlichten Preisberichte werden vom jeweiligen Auktionskatalog aus verlinkt, siehe z.B. beim Auktionskatalog vom 30. April und 1. Mai 1931 bei Joseph Baer & Co. <Frankfurt, Main> [Hrsg.]: Bibliothek Carl Hirsch, Konstanz: Teile der Bibliotheken des Grafen Grigorij Alexandrowitsch Stroganoff (1770–1857) und der Eremitage in Leningrad.

Weiterführende Literatur