Jubiläumsalbum – das liber amicorum der Fotografie

Aufgabe des Jubiläumsalbums ist es, feierliche Anlässe sowohl im privaten als auch im öffentlichen Rahmen zu dokumentieren. So vielfältig die Themen von Jubelfesten sind, so mannigfaltig ist auch deren bildgestalterische Dokumentation – in einem Album visuell verewigt ist das Ereignis jederzeit nacherlebbar. Diese »Bücher des Augenblicks«, wie Martin Heller ( Zürich 1989) sie nennt, bleiben, aufbewahrt in der Obhut von Sammelstätten, auch der Nachwelt erhalten und werden so zu »Medien der Dauer«. 

Als individuelle Familien- oder Freundesgabe an den Geburtstagsjubilar (Abb. 1, Katalogeintrag), an das Taufkind oder zum Jubelfest eines Brautpaares sind es oft über einen längeren Zeitraum geschaffene Fotos aus Amateurshand, die, liebevoll kombiniert und in neuer Gestalt präsentiert, eine geraume Zeit illustrieren und somit Lebensgeschichte rückblickend interpretieren. Wie eine Festschrift, ein Freundschafts- oder Stammbuch spiegeln solcherart Privatalben die persönliche Sichtweise des Gratulanten sowohl im Einzelbild als auch in einer von ihm choreografierten Bildfolge. Hingegen wird die Dokumentation des offiziellen Ereignisses selbst oft dem Atelierfotografen anvertraut. 

Alben für Jubiläen von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens dagegen vereinen, oft mit prunkvoll gestalteter Hülle wie ein Buch oder eine Schatulle, insbesondere die Arbeiten der namhaftesten Berufsfotografen ihrer Zeit. Als eine beliebte Dedikation aus dem beruflichen Umfeld sind sie dem auch für das gesellschaftliche Interesse relevanten Album aus Anlass eines Dienstjubiläums ähnlich. (Abb. 2, Katalogeintrag)

Ein bedeutender gesellschaftlicher Faktor sind historische Ereignisse wie Revolutionen, Feier- und Kampftage oder die Gründung von Königs- und Herrscherhäusern. Gerade derem Streben nach Geschichts- und Machtdemonstration erwuchsen zahlreiche bildliche Überlieferungen in Prachtalben. Derart Auftragskunst wurde nur an etablierte Ateliers vergeben.

Schon immer stehen Stadtjubiläen im Fokus des öffentlichen Interesses und bedingen die Sammlung einer lokalen Bilderwelt aus Laien- und Profischaffen (Abb. 3, Katalogeintrag). Für Institutionen, Unternehmen oder Vereine waren und sind Jubiläen ein zentrales Instrument der Selbstdarstellung, deren visuelle Umsetzung sich an eigens beauftragten, meist mit Bildern professioneller Fotografen bestückten Alben ablesen lässt. Von Amateuren in Eigenregie zusammengestellte Jubiläumsalben sind dagegen eher Zeugnisse von Selbstvergewisserung der Produzenten. In politischen Kontexten lässt sich an solchen Alben ablesen, auf welche Weise Inszenierungen oder Festlichkeiten als Bekräftigung oder Infragestellung von Interessen, Machtkonstellationen oder Herrschaftsverhältnissen eingesetzt worden sind. Dass Jubiläen auch immer Anlass zur »Werbung in eigener Sache« und Selbstvergewisserung gaben, zeigen Fotoalben zum Gründungsjubiläum von Schulen oder Verbände, zu Jahrestagen gesellschaftlicher Organisationen und Parteien und nicht zuletzt zu Firmen-, Werks- oder Produktjubiläen, die nicht selten Grund genug sind für den geschichtsträchtigen fotografischen Rückblick im repräsentativen Gewand des Jubiläumsalbums.

 

Kerstin Delang