Der Künstlerbuch-Almanach COMMON SENSE
Zu den bekanntesten Projekten der ›edition augenweide‹ gehört zweifelsohne der Künstlerbuch-Almanach ›COMMON SENSE. Almanach für Kunst & Literatur‹. Die erste Ausgabe der als Jahrespublikation konzipierten Reihe erschien 1989. Ulrich Tarlatt, der den Almanach gemeinsam mit Jörg Kowalski herausgab, beschreibt 2022 rückblickend die Idee des Projektes:
»es war unser anliegen arbeiten von geschätzten künstlern und literaten zusammenzufügen
sie einzuladen für ein gemeinsames buch
die form des almanachs war da geeignet - zeitaktuell und sprachliche vielfalt durch verschiedene akteure
so wurden künstler und literaten gebeten etwas für den almanach zu schaffen
vorgegeben war nur das format - die schreibmaschinenseite und für die kunst wichtig die auflage - bis auf die ersten 3 jahrgänge 75 exemplare
alles sollte dafür neu geschaffen werden bzw noch nicht publiziert sein
kein thema keine festgelegte form - gedichte kurzgeschichten fragmente skizzen tagebuchnotizen … für die kunst alle klassischen grafischen techniken aber auch neue digitale druckmöglichkeiten hinzu zeichnung collage und fotografie«
Die Vielfalt des Almanach-Projektes war nicht nur bestimmt durch die Vielfalt der enthaltenen künstlerischen Ausdrucksformen. Vielmehr trug vom ersten Band an auch die Bandbreite der geografischen Herkunft seiner Beitragenden dazu bei. Nicht nur, dass die beteiligten Künstler*innen und Literat*innen aus allen Teilen Deutschlands kamen, ›COMMON SENSE‹ war von Anfang an auch international ausgerichtet: Werke österreichischer und Schweizer Künstler finden sich ebenso wie Arbeiten von Künstlern aus Irland, Japan, Frankreich, Russland, Brasilien, Chile, den USA, Spanien und weiteren Ländern.
Die bewusste und gezielte Auswahl der Künstler*innen und Autor*innen war wichtiger Teil des Konzeptes der Herausgeber. Jörg Kowalski und Ulrich Tarlatt, ab 1999 Tarlatt allein, verwandten besondere Sorgfalt auf die Zusammenstellung der Beitragenden, um jedem Jahrgang eine besondere Spannung zwischen laut und leise, Kopf und Bauch, Zurückhaltung und Wagemut zu verleihen. Eingeladen wurden in der Regel zwei bis drei Dutzend Beitragende, deren eingesandte Arbeiten von den Herausgebern in die endgültige Reihenfolge gebracht wurden. Nach 30 Jahren und 30 Bänden zählt die Liste der Teilnehmenden schließlich über 500 Einträge. Die Buchbindearbeiten übernahm seit 1990 Rainer Jacob. Jeder Einband ist individuell gestaltet, bei den späteren Bänden bat Ulrich Tarlatt einen beteiligten Künstler um die Gestaltung eines originalen Siebdruckeinbandes.
»zum schluß das puzzle … das fügen zum buch … der reiz des zufalls … überraschende übergänge … spannende konfrontationen …
dann zum buchbinder … und … jedes jahr geschafft daß es weihnachten fertig ist … verpacken versenden … das niewieder am ende und nach wenigen wochen und vielen netten worten der neustart - das aufgehts«
(Ulrich Tarlatt, 2022)
Im Dezember 1989 informierte Jörg Kowalski die damalige Sächsische Landesbibliothek über das Erscheinen des ersten Bandes eines neuen Künstlerbuch-Almanachs. Jörg Kowalskis Schreiben zeigte Wirkung: Mitte Dezember 1989 erreichte der erste Band die Bibliothek, die den Almanach fortan, bis zum Abschluss der Reihe 2018, als Fortsetzungsbestellung bezog. Auch die acht ›Nachklang‹-Hefte, die Ulrich Tarlatt 2020/21 als endgültigen Abschluss der Reihe herausgab, wurden von der SLUB angekauft.