Volltext Seite (XML)
Von RICHARD LEHMANN-LEIPZIG ftj.it 10 Original-Aufnahmen des Verfassers für ,,DasLeb‘en“ \Y 7 \\J erm ich zaubern könnte, so stände ich V V nicht hier oben! Dieser Ausspruch stammt von einem berühmtenZauberkünstler, der Abend für Abend in einem überfüllten Aarietesaal seine ans wunderbare grenzen den Vorstellungen gab. Das Publikum quit tierte diesen Witz mit verständnisvollem Lächeln, um nachher um so verständnisloser den Künsten dieses modernen Zauberers in atemloser Spannung zu folgen. Die Kunst der Magie, die „ars celandi“, gehört trotz ihres hohen Alters auch heule noch zu jenen Schaunummern, die mit un verminderter Anziehungskraft lauf das Publi kum wirken. Diese Tatsache hat ihren Grund nicht zuletzt in der unerschöpflichen Fülle von Täuschungsmöglichkeiten, die sich für den modernen Beherrscher der Magie heute noch ebenso wie für seine Urvorfahren er geben und deren Anwendung für den Kenner und Könner nicht minder amüsant und unterhaltend ist wie für den „Hereingc- iällenen '. Der geschickte „Taschenspieler" bringt seinem Publikum so recht die Tat sache zum Bewußtsein, wie mangelhaft unsere menschliche Beobachtungsgabe und Auffassungsmöglichkeit eigentlich ist, und wenn man die Dinge von dieser Seite aus einmal betrachtet, so erhellt, daß die taschen spielerische Täuschung wertvolles Material zur Psychologie der Beobachtungsfähigkeit liefern kann. Wir sprachen von dem hohen Alter der Zauberkunst. Schon in der Bibel finden wir die Erzählung von dem Gotte Baal, dessen Priester behaupteten, daß dieses Götzenbild aus Lehm und Metall wirklich essen könne. Der Prophet Daniel weigerte sich, zu diesem Bilde zu beten; und als der König das Götzenbild mit Speisen einschlie ßen ließ und den Tempel versiegelte, fand man am ändern Tage auf dem Boden des Tempels die Fußspuren der Priester in der Asche, die Daniel vorher listigerweise hatte streuen lassen. Die Priester „arbeiteten“ also schon mit geheimen Zugängen und V ersenkungen wie manche moderne Zauberer. Der Name „Taschenspieler“ selbst stammt aus dem M i 11 e 1 a 11 e r. Da zogen Leute durch das Land, die auf Burgen und Märkten ihre uns heute einfach erscheinen den Künste zeigten: Knotenlösen oder -knüpfen, Messerschlucken, Verschwinden von Geld u. ä. Um den Leib hatten sie eine Tasche geschnallt, aus der sie heimlich und unbemerkt Gegenstände „hervorzauber ten“ und „überflüssiges“ verschwinden lie ßen. So einfach hat es heute kein Zauberer