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er nie zurückerstattete Tag Vo n Giovanni Papim Zeichnungen von Eichenherg ch kenne viele schöne alte Fürstinnen, aber alle sind so arm, daß sie s * c ^ k aum Kammer- zöfchen leisten können. Sie wohnen in einer her untergekommenen toska nischen Villa, einer jener verborgenen Villen, vor deren zugemauertem Tor zwei staubbedeckte Zypressen Wache halten. Eines Abends saß ich, nicht sehr spät, im Salon bei der ältesten und schönsten meiner Fürstinnen. Sie war schwarz gekleidet, ihr Ge sicht bedeckte ein schwarzer Schleier, und auf ihrem weißen, ein wenig gelock ten Haar trug sie einen schwarzen Hut. Die Dunkelheit umgab sie gleich einem Nimbus. Ihr gepudertes, nur von einer Kerze schwach beleuchtetes Gesicht er schien in der Dunkelheit so unwirklich, daß ich an eine Erscheinung hätte glau ben können. „Was ich Ihnen jetzt er zählen will, mein Herr, ereignete sich vor vierzig Jahren, als ich noch jung war und das Recht hatte, töricht zu sein,“ sagte die Prinzessin. Und sie begann mit ihrer zarten Stimme eine ihrer unzähligen Liebesgeschichten. Aber ich kannte bereits diese Art ihrer Einbildung und wollte gern irgend etwas anderes, Außergewöhnliches, Unwahr scheinliches hören. — „Sie zwingen mich,“ sagte sie, „Ihnen das einzige Ge heimnis, das mir bleibt, zu offenbaren, aber ich weiß, daß ich schon vor Ende des Winters sterben werde und zweifle daran, noch einmal einem Menschen zu begegnen, der sich wie Sie für phan tastische Dinge interessiert...“ „Dieses Geheimnis begann in meinem 22. Jahre. Ich war damals die reiz vollste Prinzessin Wiens und hatte noch nicht meinen ersten Mann ermordet. Das tat ich später, nach zwei Jahren, als ich mich verliebte in den ... Aber Sie kennen ja schon diese Geschichte. Passons! — Am Ende meines 22. Jahres also emp fing ich den Besuch eines alten Herren, der bat, mich zwei Minuten unter vier Augen sprechen zu dürfen. Kaum waren wir allein, sagte er: ,Ich habe eine Toch ter, die ich unendlich liebe und die sehr krank ist. Ich muß ihr Leben und Kraft verschaffen. Daher bin ich auf der Suche nach jungen Menschen, die mir einige Jahre ihrer Jugend verkaufen oder leih weise überlassen wollen. Wenn Sie mir jetzt ein Jahr Ihres Lebens opfern, so will ich es Ihnen allmählich, Tag für Tag, vor Ihrem Tode zurückerstatten. Am Ende Ihres 22. Jahres werden Sie