Die Brüste der Kunst Von Ramon Gomez de La Serna I n der Kunst gibt es kaum Brüste. Die Kunst bringt sie um ihre Wahrheit und präsentiert sie uns als Fiktionen. Da ist ein Mädchen mit niedlichen Brüsten, duftenden Äpfeln vergleichbar oder auch jenen kleinen Äpfeln, welche die feinen Kristallflakons sind, die, an Laboratoriums« Ampullen erinnernd, sich zu Puder auf lösen anstatt wie Kristall zu zersplittern. Die Brüste der Frauen Botticellis sind Brüste, die aussehen, als ob sie Ver« langen nach sich selbst trügen. Die Brüste, die Cranach malt, sind Brüste von gotischen Frauen, dumm und aufreizend. Die verhüllten Brüste der Kunst sind manchmal reizvoller als die nackten. So die Brüste Leonardos in ihren runden Kleider« ausschnitten. Aber die wahrsten Brüste sind die Tinto« rettos, der seine Geliebte mit nackten Brüsten ge« malt hat oder ein grünes Maulbeerblatt zwischen Mieder und Brüste ge« steckt hat, um ihnen mehr Relief und Frische zu geben. Tintoretto wollte seine Geliebte nicht länger in jenen verhüllten Posen be< trachten, die sie zu ihren zahlreichen Porträts ein« nahm; und um nicht auf die Augenweide verzieh« ten zu müssen, entblößte er ihre Brüste, opulente Brüste einer rustikalen und üppigen Frau, und setzte sie dem Licht und der Ewigkeit aus. „Seht Lucas Cranach Venus und Amor (Holzschnitt) 3 * 751