Vor dem Goldfischglas Von Ramön Görtiez de la Ser na M ein Goldfisch lebt in einer großen Träne. Als mein Goldfisch einmal gestorben schien, schüttelte ich ihn wie eine stehengebliebene Uhr, und er ging wieder. Fische erscheinen uns so sehr als Eßware, daß wir ihr Leben nie unparteiisch beobachten können. Der Fisch hat den grauenvollen Blick des Schiffbrüchigen. Für die Fische ist die Architektur der Menschen liegende Architektur, denn sie sehen nur Paläste, die auf dem Wasserspiegel liegen. Seltsam, daß sie nicht — wie Wäsche im Wasser — eingehen. Im Goldfischglas ist Sonntag. Es müßte kleine Fische mit Ringen geben — zum Rauchen statt zum Essen. Mein Goldfisch ist ein fehlgegangenes Infanteriegeschoß. Als ich merkte, daß sich mein Fisch von nichts ernährt, kam ich auf die Idee zu vermuten, daß die Sekunden, die von meiner großen Pendeluhr herunterfallen, seine Nahrung sind. Es müßte eine Bank geben, wo man Goldfische wechseln kann. Fische haben etwas von Dienstmädchen; sie tauchen plötzlich auf, als hätte man nach ihnen geklingelt. Wenn der Fisch das Maul zum Schnappen öffnet, ist es, als ob ein Kind gähne. Teichfische sind ohne Geschmack; erst Gewässer, die die Menschen phantastisch erregen, geben auch den Fischen Aroma. jj!j. An den Fischen sieht man deutlich, ■yj^ daß auch die Natur mit Näh» und Stepp» maschinen arbeitet. Im Schlaf wechseln Goldfische die Farbe. Bisweilen ist der meine grau und sieht aus wie eine Sardine. Nämlich dann, wenn er von Sardinen träumt. Gut, daß das Goldfischglas so klein ist; mein Fisch lockt mich ständig, zu ihm hineinzusteigen. Der Umgang mit Fischen steckt an; ich ertappe mich bereits dabei, wie ich auf der Straße nach den Wolken schnappe. (Deutsch von Mäximo Jose Kahn) Bruno Gutensohn 402