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f. s wird nicht alle Jahre ein Wilhelm Busch geboren. Wie bescheiden sagt Busch in seiner Selbst- biographie, er habe ursprünglich nie so recht gewagt, sein Brot mit Malen zu verdienen! Wie leicht führte dieser geniale Maler und Zeichner auch die Feder als Dichter und Denker, als Humorist und Satiriker! Gemeinhin ist Schreiben und Zeichnen doch zweierlei, und niemand sollte den Ehrgeiz haben, sich auf beiden Gebieten zu versuchen, wenn es eben nur zum Schreiben oder nur zum Zeichnen reicht. Ich habe schon in jungen Jahren einmal unsern Klassenlehrer gefragt, warum denn unter einem Bilde, das unverkennbar eine Dame zeigte, zu der treuherzig ein Hund aufblickte — warum unter diesem Bilde stand: Dame mit Hund Das sähe man doch selber! Der Lehrer meinte, ich solle nicht so dumme Fragen stellen, das ver stände ich eben nicht. Und wenn Sie mich totschlagen: ich verstehe es auch heute noch nicht! Nur bin ich heute nicht mehr verlegen um Vorschläge für Titel, die mehr sagen, als was ein Bild selber schon ausdrückt. Aus dem Bildnis der Dame mit dem Hund muß sich doch eine Stimmung herauslesen Jassen, etwa: Treue Seelen oder: Gute Freunde oder: Ihr bester Kamerad Weil ich gerade auf den Hund gekommen bin — stellen Sie sich, bitte, ein Bild vor, auf dem zwei Frauen gezeigt werden: die eine im Sessel, jung, elegant, blond. Auf sie dringt eine prachtvolle Dogge in stürmischer Zärtlichkeit ein. Daneben die andere, älter, dunkles Haar, bißchen mollig, maliziös lächelnd, mit bezeichnender Geste, eine Zigarette zwischen den Fingern, auf „die beiden" im und am Sessel deutend. Soll nun darunter stehen: Zwei Damen mit Hund? Wissen Sie, wie dieses Bild heißen müßte? Blond bevorzugt! —Blonde preferred!— Sie spüren, was ich mit dieser Improvisation meine: nicht immer ist der Maler, der Zeichner zugleich der beste Deuter seines Bildes. Oft wird er geradezu überrascht sein, was sich aus seinem Entwurf durch eine geschickte Textzeile herausholen läßt. Schließlich findet ja auch nicht jeder Erfinder den besten Namen für seine Sache. Und es soll oft genug Vorkommen, daß Eltern ihren Kindern Namen 58