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bald bedenklich. Den Mut aber nicht ver lieren, und zum fünften Male! Endlich wa ren die beiden Landungstaue fest in unsern Händen. Jetzt begann die schwerste Arbeit. Der Kahn hatte kolossal viel Auftrieb. Aber wir waren doch stärker und holten ihn Meter für Meter herunter. Bei dieser Anstrengung wurde es uns doch ziemlich warm. Nur nicht nachlassen, immer feste zupacken! Nur noch 25 Meter und ,,es ist erreicht“. Da ■— auf einmal ein Ruck — und das drei Zentimeter dicke Tau riß in der Mitte entzwei, und alles, was an dem Tau hing, setzte sich ohne Erbarmen auf den — —- Boden . Was nun? Niemand verlor da bei die Ruhe, es kam das Kommando: Alles an das andre Tau! Durch das Reißen des Taues fing das Schiff an zu steigen. Wir sollten versuchen, es noch zu halten. Aber der Kahn war noch immer viel zu leicht. Nun ging aber das Gewirr los. Diejenigen Leute, die nicht fest angefaßt hatten, wurden ein Stück in die Höhe gerissen und fielen dann zu Boden. Zum Unglück wurde der Wind noch sehr böig. Vor mir griff eben noch ein Unteroffizier zu, und ich sah, wie er zu Boden geschleudert wurde. Da — eine Bö setzte ein — und ich war auf einmal in einer Höhe von i 5 bis 20 Metern! Ich hing mit beiden Händen fest am Tau und mit den Beinen frei in der Luft. Der Kahn ging immer höher und höher. Das Tau, an dem ich hing, war i 5 o Meter lang, und nach meiner Schätzung hing ich ungefähr/io Meter unter dem Schiff. Das Ende des Taues lag noch immer auf dem Boden, da sich der Trupp bemühte, es noch zu halten. Aber trotz aller Anstrengung stieg das Schiff doch höher. Manche wurden noch ein Stück mit hochgerissen und pur zelten dann alle nacheinander ab, wobei ich jedesmal einen kräftigen Ruck am Tau ver spürte. Aber nur festhalten, denn ich um klammerte das Tau noch immer nur mit den Händen. Ich hatte zwar schon versucht, das Tau mit dem einen Bein zu angeln, aber trotz großer Mühe rutschte es wieder weg. Jetzt waren wir glücklich so hoch, daß das ganze Tau lang hing, also dieses den Erd boden nicht mehr berührte. Nun konnte ich es auch mit den Beinen erwischen und fest halten. Ich hing im Kletterschluß. Erst jetzt hatte ich Zeit, mich umzusehen, denn wie ich merkte, hing ich nicht allein am Tau, sondern noch zwei andere Kameraden, ich hing als unterster, 2 Meter höher der andere und noch 10 Meter höher der dritte, ein Gefreiter. Unter uns wurde alles immer kleiner, wie Spielzeug. Die Posten vom Ab- sperrkommando wurden so klein wie Zinn soldaten. Alles hatte den Blick gegen den Himmel auf uns gerichtet. Jetzt waren wir auch einmal angesehene Personen. Es war eine herrliche Aussicht. Uns gefiel es ganz gut, denn wir hatten ja noch nichts auszu stehen. Wir freuten uns am Anfang sogar noch, daß wir mal die Welt von oben an- sehen konnten. Mir rechneten darauf, daß das Schiff sofort wieder landen würde. — Aber es kam anders. Das Schiff machte eine kleine Schleife und überfuhr dabei den Bahnhof und einen Teil der Stadt. Wir sahen die Menschen nur noch als ganz kleine bewegliche Punkte. Die Straßenbahnen fuhren ihren vorgeschriebe nen Weg. Autos rasten die Straßen entlang. Wir fuhren ohne Zwischenfall über das ganze Großstadtgetriebe hinweg. Die sich da hinschlängelnde Warthe überquerten wir in der Richtung auf den Flugplatz zu. Jetzt versuchten wir noch einmal zu landen, aber der Wind war zu stark. Das Schiff kam ganz wenig aus der Windrichtung, und so wurde es nach der Seite abgetrieben und zum Unglück immer mehr der russischen Grenze zu. Es war ein eigentümliches Gefühl, als wir so am Tau hingen. Es drehte sich ein mal links, einmal rechts herum, kurzum, wir drei, die wir am Tau hingen, waren ein Spiel des Windes. Ich sah nun selbst ein, daß ans Herunterkommen nicht mehr zu denken war, und so hieß es nun, entweder festbinden oder bis ans Schiff hinaufklettern. Es war ja ein ziemliches Ende bis da hinauf, aber versucht hätte ich es doch, wenn nicht noch die beiden ändern Kameraden über mir gewesen wären, auf diese Art ging es also nicht, nun, dann mußte ich es eben auf andre Weise versuchen. Ich hielt mich mit der rechten Hand und den Beinen fest, um mit der linken Hand das Ende unter meinen Füßen heraufzuziehen und mich