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DIE BOA row ALLAN THÖRNSTRÖM F rau Malmer wollte ausgehen. Sie stand gerade vorm Spiegel, als die Entreeglocke läutete. Sie öffnete selbst. Es war ein Bote mit einem Brief der Firma Ziemens & Co. Frau Malmer machte das Couvert auf und entdeckte zu ihrem Erstaunen, daß ihr Mann dieser Firma 800 Kronen für eine Marderboa schuldete, die Frau Malmer nie erhalten hatte. Jede andere Frau wäre in solcher Situa tion ins Schlafzimmer gelaufen und hätte herzbrechend geweint oder wäre ans Tele phon gestürzt, um bei ihrem Mann anzu klingeln und ihm zu sagen, was für ein Schuft er sei. Oder sie würde sich sofort ein Auto genommen haben und zu ihrer Mutter gefahren sein, um in ihren Armen Trost zu finden und sich wegen der zu künftigen Behandlung ihres Mannes Rat zu holen. Aber Frau Malmer tat nichts von alle dem. Sie fühlte jedoch einen Stich im Her zen, denn sie liebte ihren Mann und hatte ihn nie im Verdacht einer Untreue ge habt. Und die Tränen wären beinahe doch aus ihren schönen Augen hervor gequollen. Aber sie beherrschte sich. Ruhig und anscheinend unberührt steckte sie die Rechnung wieder ins Couvert und sagte dem Boten, er solle in ein paar Tagen wiederkommen ... Als Herr Malmer zu Mittag nach Hause kam, empfing ihn seine Frau wie immer mit einem Kuß. Nach Tisch trank sie so gar einen scharfen Kognak zu seiner Ge sellschaft. Und zum Kaffee bat sie ihn um eine Zigarette, obgleich sie sie im Grunde verabscheute. Als die Abendzei tung kam, gab sie sie zuerst ihrem Mann, der einen schwachen Versuch machte zu protestieren, da er sich daran gewöhnt hatte, daß seine Frau stets zuerst die Familiennachrichten las. Schweigsam und nachdenklich ihre Zigarette rauchend, betrachtete Frau Mal mer ihren Mann, wie er so bequem in seinem Lehnstuhl dasaß. Über dem obe ren Rande der Zeitung stieg der Rauch seiner Zigarette in kleinen graublauen Ringen zur Decke. Sie mußte sich sagen, dalj er das Bild ruhigsten Gewissens bot, das Bild eines Mannes, der sich im Leben sicher und mit dem Dasein zufrieden fühlte. Und doch hatte er allen Grund, sich nicht so herausfordernd ruhig und sicher zu fühlen. Aber er verließ sich natürlich auf ihre Leichtgläubigkeit! Der Gedanke, daß er durch einen Zufall entlarvt worden war, lag ihm völlig fern. Wer wußte, wie lange er sie schon betrog? Und wer war die Frau, mit der sie ihn zu teilen hatte? Wieder empfand Frau Malmer einen schmerzhaften Stich im Herzen. Nein, sie mußte etwas unternehmen. Fast wie beiläufig sagte sie mit einer Stimme, die unheimlich natürlich und ruhig klang: „Richtig, es war ja ein Bote mit einer Rechnung hier.“ Herr Malmer sah über seine Zeitung hinweg. 256