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'■»lut ®i lil Trude Ludwig AUF DEM WEG ZUM TYPENKÖRPER Von M. M. GE HR KE M orgens 6 Uhr 30 Minuten schalten einige hunderttausend Menschen ihr Radio ein und machen nach dem Kommando eines Unsichtbaren alle mit einander die gleichen körperlichen Übungen. Wem die Stunde zu früh ist, der macht sie später nach der Grammophonplatte, oder ganz ohne Musik, oder in der Schwimmpause, oder im Abendkursus. Es gibt vielleicht fünfzig Sportarten und ebenso viele gymnastische Systeme. Sie sind voneinander sehr verschieden, und je metaphysisch belasteter ihre Be mühungen um die Physis sind, desto heftiger befehden sie sich, desto mehr scheinen sie zu divergieren. Dennoch haben sie alle das gleiche Ziel: schlank zu machen und zu erhalten. Natürlich wollen sie auch einen kräftigen, geschmeidigen, zugleich beherrschten und gelockerten Körper schaffen; aber doch vor allem: den schlanken. Und es gelingt ihnen. Die Entwicklung der letzten Jahre hat, vor allem in den angeblich ungesunden und naturfernen Großstädten, die Menschen durchweg verschlankt, nicht nur die Frauen, nicht nur die Gutsituierten. Die Bewegungen sind besser, das Fleisch ist straffer und weniger geworden, wir sind auf dem Wege zum zweckmäßigen und einwandfreien Typenkörper, so wie wir Typenhäuser, Typenmöbel und—Trainingsanzüge haben. Unser Körper gehört uns, insofern, als wir damit (vom § 218 abgesehen) machen können, was wir wollen. Nur: wir 598 •jüiy