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Mißkredit zu bringen. Hiergegen wehren wir uns. Aber Worte genügen nicht. Taten müssen der Wahrheit Ehre und Ausdruck geben. Darum muß im Lichte des wahren Christentums folgendes gesagt und danach auch gelebt werden: Der menschliche Körper ist zu ernähren, und zwar wie es dem Körper als Werkzeug des Denkens und als Werkzeug bei Ausführung kör perlicher Kunstwerke entspricht. Der geistige Arbeiter hat sich qualitativ und quan titativ anders zu ernähren als der rein körperlich Arbeitende. Wer das Lustgefühl des Körpers nicht in den Dienst dieser Werkzeuglichkeit stellt, sondern den Geist in den Dienst der künstlichen Vermehrung solcher Lust, um der Lust willen, treibt keine Körperkultur, sondern Kulturschande. Der menschliche Körper ist in seiner Leistungsfähigkeit rationell zu steigern. Hierzu dient für solche, die geistig arbeiten, systematische Leibesübung. Und für alle, die in der Berufsarbeit an lästige Gleichförmigkeit gebunden sind, bedeutet körperliche Bewegung in Spiel und Sport eine notwendige Ausspannung und Erholung, die mit Freude und Genuß verbunden sein muß. Wer Training, Spiel und Sport benutzt, um der körperlichen Leidenschaft des Geschlechtstriebes oder der geistigen Leidenschaft der Eitelkeit und Gefallsucht Raum zu geben unter der Etikette des Fortschritts, der Mode, Hygiene und Ästhetik, treibt keine Kör perkultur, sondern Kulturschande im sozialen Leben. Der menschliche Körper ist notwendiges Werkzeug und Gefäß der Fort pflanzung des Menschengeschlechts und darum mit diesen seinen Anlagen in den Dienst der menschlichen Liebe und Fortdauer zu stellen. Wer diese Anlagen be nutzt, entweder sich gehen lassend oder bewußt Vermehrung sinnlicher Lust als solcher anstrebend, und dadurch Keuschheit, Eheglück, Freundschaft und Fa milienhebe zurückdrängt oder gar zerstört, treibt keine Körperkultur, sondern untergräbt eigene geistige Spannkraft, dauerhaft harmonisches Verhältnis der Geschlechter und die Wurzeln staatlichen Gemeinschaftslebens. Der menschliche Körper ist schließlich künstlerisch auszugestalten. Die Körper ohne Verstand hat der Schöpfer durch Form, Farbe und Beweglichkeit in ihren Arten zur Offenbarung seiner höchsten Kunst und Schönheit ausgestattet. Und so entzücken sie das betrachtende Auge des Naturforschers und Künstlers, des reinen Kindes und genialen Menschen. Solche Vorzüge sind jedoch im mensch lichen Körper nur angelegt, um vom reflektierenden Geist des Menschen mannig faltig gestaltet und vollendet zu werden. Dies ist der tiefste Grund, daß jede Zeit und Nation, jedes Geschlecht und Alter bestimmten Stil und Geschmack haben sollen, also nicht nur in äußeren Werken der schönen und nützlichen Künste, sondern auch in Behandlung des eigenen Körpers. Hierin wurzelt jede Berechti gung für Wechsel der Mode und äußerer Umgangsformen. Beschränkt sich aber solche körperliche Gestaltung nicht mehr darauf, Häßlichkeiten zu verbergen und geistigen Adel des Menschen in seinem körperlichen Werkzeug zu offenbaren, so verwandelt sich diese Art berechtigter Körperkultur in Körperverzerrung und Prostitution eitler Gedanken und niederer Triebe. Beleuchten wir aber den menschlichen Körper nicht nur mit dem Lichte christlicher Philosophie, sondern auch christlichen Glaubens, so erglänzt noch mehr der Adel und die Bedeutung menschlichen Fleisches. Christus ist im Fleisch er schienen und hat die Auferstehung des Fleisches verkündet. 589