den allgemeinen Begriffen erfassen. Aus alten mythologischen Vorstellungen ge staltet er aus dem Verhältnis dieser beiden Seiten der Welt das Drama, welches dem ungeübten Auge eine Verwandtschaft mit den christlichen Lehren des Sünden falles, der Erbsünde und der Erlösung zu sein scheint. Der Mensch ist nach ihm eigentlich nur Geist; einst war er wirklich reiner Geist. Durch geheimnisvolle Selbstverschuldung wurde er wie zur Strafe in den Körper gebannt, den viele nun für menschliche Natur erklären. Die Selbsterlösung des Menschen besteht daher in einer schließlichen Abwendung vom Körper, so sehr auch nach Plato der Körper anfangs dazu dient, durch körperliche Schönheit und Liebe den menschlichen Geist zur eigentlich wirklichen Schönheit und Freundschaft zu führen, der rein geistigen Ideen- und Gottesliebe. Dieser Teil der platonischen Lehre wird von dem Afrikaner Plotin und dem Perser Mani auf die Spitze ge trieben und zu Religionssystemen erhoben, die als stärkste Konkurrenz dem jungen Christentum entgegentreten. Aus den beiden Sekten der Neuplatoniker und Manichäer erwachsen bis auf den heutigen Tag immer wieder neue Schulen und Religionsgemeinschaften, die der Sache nach dasselbe sind und deren Neu heit nur in neuen Namen und Jüngern besteht. Zu ihnen gehören Theosophie und Anthroposophie. Aszese und Kontemplation heißt bei ihnen bewußte Abwendung vom Körperlichen. Denn die Materie ist im Grunde für den Menschen nur Ver hängnis und Träger aller Bosheit und Sünde. Das Licht des wahren Christentums beleuchtet die Materie und den Geist in einem höheren versöhnenden Sinne, ohne beide gleichzustellen. Die Gedanken und Ideen Gottes sollen sich nicht nur in der Schöpfung einer reinen Geisterwelt der Engel offenbaren, sondern auch in der Schöpfung einer Körperwelt, die Gottes Ähnlichkeit auf einer anderen Stufe dauernd tragen soll. Der Mensch wird als Bindeglied dieser beiden Welten aufgefaßt. Der menschliche Körper gehört zur Natur des Menschen, der menschliche Geist ist vom Schöpfer so geschaffen und gewollt, daß er des Körpers bedarf, um naturgemäß zu den Ideen zu gelangen und naturgemäß seine erworbene Ideenfülle durch den Körper auszudrücken und zu gestalten. Der Körper wird nur dann zum Verhängnis für den Menschen, wenn sich sein Geist von der gottgewollten Ordnung freiwillig losreißt und dem Körper eine Stellung einräumt, welche die Harmonie des Kosmos und der eigenen menschlichen Natur zerstört. In seinem geschichtlichen Entstehen sieht sich das Christentum im entarteten römischen Weltreich einem ungeheuerlichen praktischen Materialismus gegen über. Überschüttet und mächtig angezogen von neuen geistigen Erkenntnissen und Gnaden, die auf ein geläutertes seliges Jenseits hinordnen, verfallen viele Christen in ein gewisses Extrem der Aszese und Körperverachtung. Jede wahre Pädagogik und Psychologie weiß dies zu verstehen und auch zu würdigen. Trotz dem muß der wahre Christ auch solche Extreme vermeiden. Wenn nun aber risten gerade solche Extreme nachahmen, ohne dementsprechend von einer gnadenvollen Versenkung in Gott tatsächlich erfaßt zu werden, so entstehen Zerr bilder und, bei weiterer Verbreitung, Lebensgewohnheiten, die den menschlichen örper schließlich einer Vernachlässigung und Verachtung preisgeben, wie wir es hier und da in Kulturerscheinungen des Mittelalters beobachten können. Diese Erscheinungen werden neuerdings benutzt, um das Christentum als solches in 588