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Seite 20 Das Neue Rußland Nr. 1/2 L. Borger: Landwirtschaftliche Kulturen Die Hauptkulturen der Landwirtschaft der Republik der Wolgadeutschen sind die Getreide kulturen. W ollen wir deren Bedeutung in Saat flächen darstellen, so erhalten wir folgendes Bild: Stellung als früher einnehmen wird. Die alte Wirtschaftsführung brachte es mit sich, daß die W eizensaaten manchmal im Laufe von zehn Jahren auf einem und demselben Felde bestellt wurden. Diese Wirtschaftsform ist heute un möglich geworden, und die W intersaatfläche wird auf Kosten des Sommerweizens vergrößert. Der Roggen wird als Winterkultur im Fruchtwechsel seinen beständigen Platz einnehmen, um so mehr, in den Jahren Vi interroggen % Sommerweizen : °/u Gerste ! °/o Mais °/u 1916 171 494,3 100 593 878.33 100 58 329,45 100 3 041.1 1920 228 517.0 133,2 492 565.96 82.9 38 927,36 66.7 1 374,93 1923 174 710.05 102 165 779.75 27,9 56 311,69 96,6 4 059,51 1924 190 971.69 111.4 233 050,59 39.2 42 887,42 73,5 6 186,48 1925 234 275 136,5 253 434 42.7 27 587 47,3 8 869 Sonnenblumen °/o 11 186.54 11 442.17 20 383.17 27 626,67 33 314 100 102.3 173.3 247 297,8 Die Anbauflächen sind in Deßjatinen angeführt (IDeßjat. 1.09 ha). Aus dieser Zahlenreihe entnehmen wir als Norm ziffern jene von 1916, obgleich zu erwähnen ist, daß sich in diese ■ Zeit die Wirtschaft unter den Einwirkungen des imperialistischen Krieges schon einigermaßen verändert hatte, sowohl hinsichtlich der Saatfläche als auch in bezug der Verhältnisse der Kulturen zueinander. Allein aus Mangel an anderen Daten betrachten wir die von 1916 als Grundziffern. Was die Saatfläche betrifft, so behauptete den ersten Platz 1916 der Sommerweizen, sie betrug 68% der gesamten Aussaatfläche. Der Weizen dominiert noch 1920, verliert aber in den nächst folgenden Jahren an Saatfläche und behält 1923 nur noch den vierten Teil der Saatfläche von 1916. Von da an nimmt der W eizen den zweiten Platz, nach dem Roggen ein. Die Ursachen hierzu liegen in den Mißjahren von 1921 und 1922, außer dem wurde schon 1919 der ganze W'eizenüber- schuß der früheren fruchtreichen Jahre aus der Wolgadeutschen Republik nach den hungernden Gouvernements ausgeführt, das Samenmaterial aber, womit später die W olgadeutsche Republik versehen wurde, stammte von Kulturen her, die der Wolgasteppe fremd waren. Dafür vergrößerten sich die Anbauflächen der Hirse, des Mais u. dgl. Im Jahre 1924 vergrößert sich aber schon wieder die Saatfläche des Sommer weizens, und 1925 übertrifft der Sommerweizen den Roggen um 3,15%. Im Jahre 1916 betrug die Roggensaatfläche weniger als ein Fünftel der gesamten Anbau fläche. ln den nächstfolgenden Jahren ist der Roggenprozent um das Doppelte gestiegen und machte 1925 37,39% der gesamten Saatfläche aus. Dieser hohe Prozent der Aussaatfläche des Roggens findet seine Erklärung in dem Umstand, daß der Samenvorschuß im Herbste 1924 haupt sächlich Roggen war. Man kann bestimmt sagen, daß in Zukunft der Roggen in unserer Wirtschaft eine weit bessere als er die einzige Winterfrucht ist, die hei uns in Betracht kommt. Der Winterweizen spielt heute in unserer Wirtschaft eine unbedeutende Rolle, da er bis jetzt noch nicht hinreichend winterfest ist, weshalb er mit dem Roggen noch nicht konkurrieren kann. In Zukunft wird sich das Bild allerdings ändern. Die Versuchsarbeiten der landwirtschaftlichen Station (Krasnv-Kut, Republik der Wolgadeut schen) auf dem Gebiete der Pflanzenartenkreuzung ergeben ein neues, sortenechtes Getreide, welches einerseits alle wertvollen Eigenschaften des Win terweizens beibehielt, andrerseits sich die Winter festigkeit des Roggens aneignete. Auf diese Weise erscheint der Ersatz des Roggens durch den Weizen ganz gut möglich. Die Gerste kann sich in unserer Republik keiner großen Verbreitung rühmen. Da sie aber be ständig gute Ernteerträge gibt und sehr an spruchslos hinsichtlich des Grund und Bodens ist, hat sie in unserer Wirtschaft doch eine ge wisse Stellung eingenommen. Im Zusammen hang mit der Entwicklung der Schweinezucht in unserer Republik wird die Gerste auch für die Zukunft ihren Platz behaupten, dies um so mehr, als von der Selektionsabteilung der Krasny- Kuter Versuchsanstalt neue Gerstensorten von großer Ertragsfähigkeit gezüchtet worden sind. Von den anderen, für unsere Republik noch verhältnismäßig neuen Kulturen wäre der Mais zu nennen. 1924 stand er schon im Vergleich zu den benachbarten, russischen Ra} ons ausge zeichnet: seine Anbaufläche betrug in der Re publik 4,818 Deßjatinen, im Saratower Gouverne ment nur 307 Deßjatinen. Mit den Jahren ver größerte sich die Maissaatfläche immer mehr und erreichte 1925 8,869 Deßjatinen, was 1,41% ^ er gesamten Aussaatfläche ausmacht. Der Mais hat in unserer Wirtschaft eine besonders große Be deutung deshalb, weil er eine dürrefeste Kultur ist, so daß er für den Fall einer Mißernte gewisser maßen als eine Versicherungskultur in Betracht kommt.