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VERRAT FILMISCHER GEHEIMNISSE • Der Film, dieses Mittelding zwischen Kunstwerk und Industrieprodukt, erfüllt dann seinen eigentlichen Zweck, wenn er im schwarz-weiß Bild Szenen oder Vorgänge zeigt, die keine andere Kunstgattung und kein anderes technisches Hilfsmittel in gleicher oder ähnlicher Weise hervor zubringen vermag. Nicht die Wiedergabe von „Literatur“, nicht die Nachdichtung dramatisierter Romane, erprobter Opern oder Operetten kann die Existenzberechtigung des Films erweisen, sondern viel eher alles das, was den Beschauer des Bildstreifens in höchstes Erstaunen versetzt, das Unmögliche, das die Kinematographie möglich macht, wenn sie es zuwege bringt, die primitiv sten Gesetze der Vernunft und das Einmaleins der Physik scheinbar auf den Kopf zu stellen. Wenn ein Auto in rasender Fahrt über die Dächer von Wolkenkratzern flitzt, über die Landschaft jagende Pferde einen hundert Meter hohen steilen Abhang hinunterstürzen, wenn man das Gras wachsen sieht oder Mutter und Tochter, von der gleichen Schauspielerin dargestellt, gleich zeitig auf der Scene sich tummeln, wenn die Zauberwelt des Märchenreiches zum wirklichen Leben erweckt scheint, wenn Paläste aus der Erde wachsen und Menschen in die Luft hineni verschwinden — wenn der Regisseur die Möglichkeit hat, in jedem Augenblick über eine andere Naturerscheinung zu verfügen, in allen diesen Bildern kann der Kinematographie keine Erfindung entgegengestellt werden, die ihr Konkurrenz zu machen imstande wäre. In den seltensten Fällen nur ahnt das Publi kum, auf welch einfachen Wegen die oft so schwierig aussehenden Szenenaufnahmen zu stande gekommen sind, und ebenso selten ver mag das Publikum das Rätsel des angewandten Filmtricks zu lösen.Und findet der Laie schon In der Wolkenfabrik Watte wird auf die „Berge‘ phot. Ufa gelegt Eisenbahnzug mit kleinem Modellzug davor phot. Ufa Durch Spiegelung erscheint dieser in natürlicher Größe eine Erklärung für diese oder jene Trickaufnahme, so kann man hundert zu eins wetten, daß sie falsch ist. Die Kenntnisse vom Filmtrick gehen ja im all gemeinen nicht weit da rüber hinaus, daß man mit den Funktionen des Zeit raffers und der Zeitlupe Bescheid weiß, indem man einmal davon gelesen hat, daß eine Bewegung im Bilde desto langsamer erscheint, je schneller bei der Aufnahme die Kurbel des Aufnahme apparates gedreht wurde,