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Die Jugend von Tiberias empfangt das mit sdiarladiroten Segeln bespannte Klepperboot „ Melusine “ öffnet sich die Mündung des heiligen Flusses. Rohrhütten, eine zerfallene Karawanserei am Ufer, Netze, Fischkästen. Hier hausen die jüdischen und arabischen Fischhändler. Gleich darauf empfängt uns von neuem die Einsamkeit der Steppe. Berberfeigen strecken aus den Flußbuchten ihre stach ligen Kaktusblätter. Schwarzbärtige Be duinen hocken in ihren weiten Mänteln am Ufer. Einer hält mir einen frischerlegten Vogel entgegen: „Dahl! Dahl!“ (Komm, komm! . . . willst du nicht kaufen?) Die Strömung nimmt plötzlich eine reißende Schnelligkeit an. Der Grund des Jordans ist dicht mit Steinblöcken und Felstrümmern besät. Unerwartet hebt sich das ganze Boot mit einem jähen Ruck in die Höhe und droht umzustürzen. Ein jagender Wasserfall schießt auf uns zu, und nur mit Mühe gewinnen wir den freien Grund wieder. Aber leicht durchschneidet das von Benzindampf getriebene Boot die uns entgegenstürzenden Strudel. „Makina, Makina!" (Maschine, Maschine!) flüstern die Araber und neigen sich stau nend über die Böschung. „Makina!“ tönen die Stimmen vom an deren Ufer zurück. Nach einer halben Stunde wird das Wasser so flach, daß wir die Ruderpaddeln ergreifen müssen. Wir landen im tiefen Schlamm dicht unter dem Zelt eines arabi schen Fischers. Hilfsbereit hebt ein schwar zer Beduine sein Gewand hoch, und wir klettern auf seinen Rücken, während er uns, bis an die Hüften in den Schlamm sin kend, vor sein Zelt trägt. Die arabischen Fischer am Jordan be treiben den Fischfang auf höchst einfache Weise, noch wie zu den Zeiten Christi. Das kreisrunde Netz ist am Rande durch an gebundene Steine beschwert und wird mit wirbelnder Bewegung um den Kopf waage recht wie ein Lasso ausgeworfen. In einer offenen Glocke fällt es nieder, und die am Rande befestigten Gewichte straffen es in der Flut zu einem senkrechten Gitter. Im selben Augenblick scheucht der Fischer durch Lärm und Steinwürfe die Fische 346