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Nun haben wir ein Protokoll, weil wir zu langsam gefahren sind Mein Herr tobt, er wolle mich verkaufen, ich sei eine elende Benzinschnecke und koste ihn ein Heiden geld. (Was ist eigentlich Christengeld?) 23. September. * Bei einer Fahrschule bin ich nun. Nichts blieb mir erspart. Auch von der Hefe des Autostandes muß ich kosten. Es ist grauenhaft. Warum stellt man mich nicht vor einen Expreßzug und läßt mich zermalmen? Muß ich zu Tode gefoltert werden? Gäbe es Seelenwanderung, so müßte jeder Schüler als Getriebe wiedergeboren werden. Ich leide an galoppierender Getriebeschwindsucht. Und meine Kupplung? Man sollte Menschenhaut als Belag verwenden statt Leder, dann wäre es besser um uns Töffchen bestellt. Noch ein solcher Schüler und ich habe ausgehupt. 13. Oktober. * Da ist der Schüler. Eigentlich wollte ich mein Tagebuch nicht weiterführen. Warum sich seine Schmach immer vor Augen halten? Doch ereignete sich etwas, was aufgezeichnet zu werden verdient. Der Schüler Jakob Kurve, der schon mehrere Hühner, Hunde. Katzen und Gänse auf dem Gewissen hat, überfuhr heute einen Menschen. Das ist schon öfters geschehen und nicht schlimm. Aber diesmal war’s ein Auge des Gesetzes, und dann ist’s schlimm. Der Fahrlehrer hat geschimpft wie ein Türke. Das kann ja nett werden, wenn morgen das Protokoll kommt. 15, Oktober. Ich werde sterben. Ich weiß es gewiß. Das Protokoll war so gewaltig, daß mein Herr den Protokoller bekam. Die Fahrschule rentiere sich nicht mehr, wenigstens nicht bei solchen Schülern, und wenn die Kerls rentabler führen, dann wären es keine Schüler mehr. Morgen wird mein Begräbnis sein. Es ist keine friedliche Bestattung zur letzten Ruhe. 0 nein, es wird ein Schlachtfest, eine Erbteilung, eine Orgie der Zerstörungswut. Meine Limousinenkarosserie wird zur Laube im Schrebergarten; aus meinen Rädern werden den Kindern Schnelläufer gezimmert; meinen Motor hat der Stemm- klub „Zum Doppelzentner“ als Hantel erworben, mein von innen erleuchteter Fahrt richtungsanzeiger wandert in die Stammkneipe und wird mit „Zum Hof“ über pinselt. Erst wollten sie „Für Herren“ nehmen, weil das feiner wäre; aber dafür war der Pfeil zu kurz; meinen Hupring hat sich die Tochter als Stickrahmen ausbedungen, und mein Tank gibt eine Botanisiertrommel für den Jüngsten zum Schulausflug. Den Wagenheber kriegt der Beamte an den Kopf, der das Protokoll kassieren kommt. Kurzum, alles haben sie aufgeteilt. Nur meinen Geist nicht, den echten Vier taktgeist einer Limousine, und den kann mir weder Tod noch Fahrschulpleite rauben. Ihn vertraue ich diesen Blättern an und diese Blätter der Nachwelt. Limousinen und ihr alle, die ihr solche steuert. Laßt euch durch meinen Nieder gang warnen, denn Niedergang ist aller Laster Anfang. Drum laßt euch warnen. Als abschreckendes Beispiel diene euch mein Schicksal. Ob ihr Barone seid, ob ihr fahrt oder nicht: Laßt euch nicht erwischen. Mein Baron hat es dumm gemacht, ließ sich erwischen und stieg ins Elend. Seid klüger. Laßt euch nicht erwischen, und eure Limousinen werden nicht ins Elend steigen. Mein letzter Tag ist angekurbelt. Ich habe ausgehupt...