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von Jaroslav Haschek Hunden umzugehen verstünde, weil er jahrelang beim Wasenmeister beschäftigt gewesen sei und man ihn wegen zu loyaler Behandlung der Erschlagenen entlassen habe. Ein anderer Bewerber verwechselte „ky- nologisches Institut mit einem „gynäko logischen Institut * und gab als Referenzen Gebäranstalten und Frauenkliniken an. Fünfzehn Bewerber hatten die Rechts fakultät absolviert, zwölf waren Absolven ten der Lehrerbildungsanstalt; ferner ging eine Zuschrift ein vom „Verein für das Wohl entlassener Sträflinge“, der mich aufforderte mich an ihn zu wenden, da ein sehr anständiger entlassener Kassendieb für die Stellung bei mir in Frage käme. Einige der Gesuche waren sehr traurig und hoff nungslos. Es schrieben beispielsweise manche von den Bewerbern gleich selbst: „Trotzdem ich schon im vorhinein weiß, daß diese Stellung für mich nicht in Frage kommt . . .“ Es waren unter den Offerten welche, worin die Bewerber ihre Kenntnis der spa nischen, englischen, französischen, tür kischen, russischen, polnischen, kroatischen und dänischen Sprache hervorhoben. Ein Brief war sogar lateinisch ge schrieben. Ferner ging eine schlichte, aber auf richtige Offerte ein: „Sehr geehrter Herr! Wann soll ich den Dienst antreten? Mit vorzüglicher Hochachtung! Ladislaus Schi- mek.“ Da dieser Bewerber eine so direkte Frage an mich stellte, blieb mir nichts anderes übrig als ihm zu antworten, daß er am Mittwoch um acht Uhr seinen Dienst antreten möge. Ich fühlte eine große Dankbarkeit ihm gegenüber, daß er mir die Mühe einer langen und anstrengenden Wahl erspart hatte. Mittwoch um acht Uhr trat also mein Diener seinen Dienst an. Es war ein Mann von kleiner Statur, blatternarbig, sehr leb haft, der mir, gleich wie er mich erblickte, die Hand reichte und lustig sagte: „Das Wetter wird sich wohl bis morgen nicht aufheitern. Haben Sie denn schon gehört, daß gestern um sieben Uhr früh zwei Straßenbahnen in der Petersburger Straße zusammengestoßen sind? Dann zog er eine kurze Pfeife aus der Tasche und erklärte mir, daß er sie von einem Chauffeur bekommen babe und daß er englischen Tabak zu rauchen pflege. Dann erzählte er mir, daß im „Carmen eine Kellnerin namens Pepina beschäftigt sei und fragte mich, ob er nicht mit mir in die Schule gegangen sei. Dann begann er von irgendeinem Dachshund zu sprechen, den ich, falls ich ihn kaufen wollte, un bedingt färben und ihm die Füße ein wenig verdrehen müßte. „Sie verstehen also etwas von Hunden? fragte ich erfreut. „Freilich! Ich habe doch schon selbst Hunde verkauft und hatte dadurch auch schon eine Geschichte bei Gericht. Eines Tages führte ich einen Boxer nach Hause, als mich plötzlich ein Herr auf der Straße stellte und behauptete, daß das sein Hund wäre, der ihm angeblich vor zwei Stunden verlorengegangen sei. „Wieso wissen Sie, daß es Ihr Hund ist?“ fragte ich ihn. ,Ich weiß es, weil er Mupo heißt. Komm her Mupo!‘ Sie können sich gar nicht verstel len, wie glücklich mein Hund an ihm emporsprang. ,Bosko! rief nun ich. ,Pfui Bosko!“ Und da sprang er wieder glücklich an mir empor. Er war ein kleiner Dumm kopf. Das schlimmste bei der Sache war, daß ich bei Gericht vergaß, daß ich ihn damals Bosko gerufen hatte. Aber er hörte auch auf den Namen Bubi und gebärdete sich mir gegenüber immer gleich glücklich. — Soll ich mich nach irgendeinem Hund umsehen?“ „0 nein! Schimek. Mein Geschäft soll reell betrieben werden. Wir wollen erst auf einen Käufer warten und unterdessen wollen wir in der Zeitung die Inserate der Rubrik ,Tiermarkt‘ nachlesen, um zu wissen, wer etwas verkauft und welche Rasse von Hunden. Sehen Sie, hier will eine Frau 687