Volltext Seite (XML)
Die Expedition. Von Gaston Cherau doch noch zwei bis drei Leute mit ihm gehen. Gut! . . . Euer bester Freund wird das auch merken ... er wird sie schon aus suchen, ernsthafte, nüchterne, mutige Leute. . . und nach und nach organisiert man seine Expedition. Und dann vollzieht sich die Luftspiegelung. Ihr seht euch selbst auf dem Schiff an Stelle eures besten Freundes . . . und dann in Afrika . .. Eins, zwei, drei! Euer bester Freund ist verschwunden und ihr steckt in seiner Haut. Ihr habt gar nichts anderes gewünscht? Nun, es ist gemacht! Ihr nehmt den Zug nach Marseille, ihr und eure Leute; ihr habt Gepäck für ein ganzes Regiment von Hopliten; und das alles, um die vier selt samen, kleinen Flügel zu suchen, die euer Fieber ganz wunderbar heilen werden. So reiste Herr Descourtil von Paris nach Marseille. Nun, nachdem er seine Kabine besichtigt und seine beiden Begleiter untergebracht hatte, ging er im Hafen spazieren. Man ver läßt sein Vaterland nicht so ohne weiteres, einem Schmetterling zuliebe, ohne sich ernsthaften Gedanken hinzugeben. Man überdenkt verschiedene Abschnitte seines Lebens, manche Kapitel möchte man gerne korrigieren; es ist, als hätte man das Ende eines Romans erreicht. Herr Descourtil bog um eine Straßen ecke, dann wieder um eine und dann aber mals um eine. Und — welch ein wunder bares Abenteuer! —- da stand er vor dem Laden eines Mannes, der Tiere ausstopft, und der Mann hatte auch ein paar Kästen mit Schmetterlingen. „Haben Sie eine Drurya Antimachus dar unter?" Ganz gewohnheitsmäßig sah Herr Des courtil in die Kästen und da ... ! Es gab nicht eine Drurya, sondern gleich dreil Der arme Mann! Er zitterte förmlich, als er sie kaufte. Kaum hatte er die Schachtel unter dem Arm, als er sich auch schon freudig sagte, daß er nicht mehr reisen müßte. Er lief zum Schiff, suchte seine Genos sen, die aber auch spazieren gegangen waren, und so mußte er bis zum Abend auf sie warten. Das Schiff wollte gerade fahren, als sie erschienen. „Es wird nicht gereist?“ fragten sie ent täuscht. Wenn alles für ein Unglück vorbereitet ist, dann ist es bitterer die Tränen zu schlucken, als sie rinnen zu lassen. Es sollte nicht gereist werden! Die schönen Länder begannen zu verblassen. . . Aber während Herr Descourtil sein Glück ausführlich erklärte, nahm der Klügste der Expedition die Schachtel, öffnete sie, um die Falter besser sehen zu können, dann holte er tief Atem und blies kräftig- auf die drei Drurya Antimachus. Zunächst glaubte man, Herr Descourtil werde wahnsinnig; aber während er noch gestikulierte, schafften ihn seine Genossen in die Kabine. Da hielt man ihn gewaltsam fest, bis das Schiff die Anker gelichtet hatte; und dann, es lebe Guinea! Einige Tage später, nachdem Herr Des courtil geweint hatte wie ein Kind, kam ihm der Verstand wieder und auch die Lust an der Jagd. Wahrhaftig, diese drei Drurya Antimachus, die der Luft den Blütenslaub wiedergegeben, den sie ihr genommen hat ten, waren niemals wirklich gewesen. Er ließ sich überzeugen, daß er eine schreck liche Geschichte geträumt hatte, die ein wenig Wind in die Lüfte blasen konnte. Die Wirklichkeit war ja viel weiter.. . dort un ten, jenseits des Meers . . . und auch viel, viel schöner . . . und wenn sie so schön ist, dann ist sie immer dort, wo wir gerade nicht sind . . . Autorisierte Uebertragung von Fritz Bondy 660