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Der Neuerer als Weltbeglücker. Von Roberto Bracco eifersüchtiger Narr! Doch ich bin Neuerer, ein Gatte vom neuen Typus, der sich vom althergebrachten Wahne der Eifersucht mit Verachtung abwendet, daher nicht der Ge fahr ausgesetzt, von seiner Frau betrogen zu werden. Er tut mir leid, der arme Ode- risio, allein ich kann ihm nicht helfen! Auf dem Gebiete der ehelichen Experimente bildet die Befreiung von jeglicher Eifer sucht die neuzeitliche Errungenschaft des modernen Geistes. Im Raume und in der Zeit gibt es keine Untreue von Ehefrauen. S plus Q multipliziert mit Q minus S ist eben gleich Null! Könntest du mich je be trügen? Carmelita: Niemals! Agostino: Das ist eben die Errungen schaft meiner Immunität gegen Eifersucht! (Heiter, mit erhobenem Kopfe.) Daraus folgt aber mit zwingender Logik, daß ich keine Ursache habe, ihm zu zürnen, weshalb ich ihm gleich telephonieren will. Er wohnt ja in der Nachbarschaft und wird jetzt beim Essen sein. (Er eilt zum Telephon.) Carmelita (verwirrt): Sachte, Ago stino! Es schickt sich nicht. . . Agostino: Du hast recht ... Es schickt sich nicht, die nötigen Aufklärungen tele phonisch zu geben! Ich will zu ihm persön lich hinübergehen. Carmelita: Nein, das wäre vollends .. . inkorrekt. Dein Dekorum erfordert, daß ich ihm seinen Brief zurückgebe, ehe du mit ihm sprichst. Agostino: Dekorum! Leeres Wort! Ich folge nur der Eingebung meiner Auto- Ideologie! (Er sammelte eilig einige Bücher, die er unter den Arm nimmt.) Das Wesent liche ist folgendes: ich habe einen alten Freund schlecht behandelt in der Annahme, er verachte meine Frau. Zur Ueberzeugung gelangt, daß dies nicht zutrifft, bedauere ich den Irrtum und beeile mich, meinen Freund zu versöhnen. Ich muß mich be eilen, denn die kleinen Episoden des Lebens kann man nie rasch genug erledigen. Carmelita: Wozu hast du die Bücher an dich genommen? Agostino (verwirrt, überrascht): Zum Teufel, wie kommen die Bücher da mir unter den Arm? Ich entsinne mich gar nicht, sie aufgelesen zu haben . . . Eine in stinktive Bewegung ... die Angewöhnung Einzig autorisierte U e b e r . . . (Er läßt die Bücher auf einen Stuhl fallen.) Richtig! Hast du mit dem Buch händler über den Band der Schimpansen gesprochen? Carmelita: Jawohl! Agostino: Dank, Liebste! Auf Wieder sehen! (Eilt weg.) V. Carmelita (in heftiger Erregung, öff net' die Tür im Hintergründe und blickt hinaus, kehrt dann zum Telephon zurück und ruft an). 8893! (Sie wartet zitternd auf die Antwort.) Oderisio Panocchi? Sind Sie es? Hier Carmelita. Ich erhielt Ihren Brief, den ich meinem Mann gezeigt habe. Küm mern Sie sich nicht darum, was er Ihnen über mich sagen wird. Das emporbrechende Pathos Ihres geistigen Wesens . . . hat mich nachdenklich gestimmt. Die Möglichkeit scheint nicht ausgeschlossen, daß Sie Gehör finden werden. Hoffen Sie, Oderisio, hoffen Sie! Agostino (mit dröhnender Stimme im Nebenzimmer): Nun, das ist denn doch zu viel! Carmelita (erschrickt heftig und steht, den Hörer in der Hand, stumm da). Agostino (rasch eintretend): Ich habe den Hut hier vergessen ... da ist er ja (Den Hut bis über die Ohren in den Kopf drückend.) Wem telephonierst du da? Carmeli ta (stotternd): Dem .. . dem .... dem Buchhändler, Verzeihe! Ich habe deinen Auftrag ganz vergessen. Agostino: Aber, Teuerste, der gute Mann ist ja halb taub, drum habe ich ihm ja selbst telephoniert. So erhebe doch we nigstens die Stimme, sprich lauter! Carmelita (die lieber ungehört blei ben möchte, spricht leise in den Apparat hinein): Mein Mann möchte das gewisse Buch haben, dessen Titel .. . „Schimpanse". Agostino: Lauter, Liebste, lauter! Carmelita: Schimpanse! Agostino: Lauter, viel lauter! Carmelita (gegen ihren Willen schreiend): Schimpanse! Schimpanse! Schimpanse! Agostino: Das wird er doch hoffent lich verstanden haben! (Tritt mit zufrie dener Miene ab.) (Der Vorhang fällt.) etzung von Benö Schwarz 704