Volltext Seite (XML)
gen Weibes“ sprichwörtlich werden ließ, und der Hang zur Besonderheit haben der Frau in der Spionage eine ganz be sondere Stellung einnehmen lassen. Wäh rend des Weltkrieges sind den deutschen Behörden fast 500 Spioninnen bekannt geworden, von denen die im Oktober 1915 erschossene Miß Edith Cavell eine traurige Berühmtheit erlangt hat. Unver gessen bleibt auch das tragische Schick sal der holländischen Tänzerin Mata Hari, die wegen angeblicher Spionage zwei Jahre später von den Franzosen in Vin- cennes erschossen wurd^. Weniger be kannt ist Louise de Bettegnies, die in englischen Diensten stand und zusammen mit der französischen Spionin Ldonie Vauhoutte am 20. März 1916 zum Tode verurteilt wurde; beide sind aber zu lebenslänglicher Haft begnadigt worden. Die Bettegnies starb bald darauf in dem Zuchthaus Siegburg, während die Vau houtte nach dem Waffenstillstand ent lassen wurde. Im Februar 1927 ist sie mit dem Kreuz der Ehrenlegion ausge zeichnet worden. Wo die unterirdischen Gänge, die an die militärischen und politischen Staats geheimnisse heranführen sollen, enden, wohin die geheimnisvollen Quellen, welche das Spionagesystem einer fremden Macht mit Nachrichten speisen, fließen, wird auch dann nur der Richtung nach aufgedeckt, wenn es gelingt, Spione zu verhaften und ihnen den Prozeß zu machen. Oft genug zeichnet sich zwar in einem solchen auf dem Hintergrund eine öffentliche Person oder Körperschaft ab, aber der Beweis für ihre unmittelbare Beteiligung kann fast nie er bracht werden. Geschieht es dennoch, so ist der Skandal um so größer und wird ganz besonders sensationell, wenn eine Frau in ihn verwickelt ist. Dieser Fall trat Anfang der achtziger Jahre in Paris ein, wo die Spionageangelegenheit der Baronin Kaulla, der Geliebten des französischen Kriegs ministers de Kissey, außerordentliches Auf sehen erregte. Wer die Hintermänner der schönen französischen Sprachlehrerin Ger- maine Thirion gewesen sind, die bei dem Versuch, deutschen Offizieren in Wesel mi litärische Geheimnisse zu entlocken, als Spionin entlarvt wurde, ließ sich nur ahnen. Daß die hübsche Buchhalterin Pfitzner zu gunsten des russischen Generalstabes spio nierte, ergab sich daraus, daß sie in Posen im Augenblick ihrer Verhaftung den Zug besteigen wollte, der sie mit dem einem Festungsbaufeldwebel abgekauften Plan dieser Festung über die nahe Grenze bringen sollte. Wilhelmina Zona, die Gattin des italienischen Kapitäns Ercolcssi, deren Spionageaffäre im Jahre 1904 großes Louise de Bettegnies, eine englische Spionin, starb in deutscher Gefangenschaft