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unter dem Vorwand, dort nach Oel zu suchen, auch didit an den Panama-Kanal herangerückt. Der englische Oberst Yates ist da vor zwei Jahren mit einem Diplomatenpafs nach Columbien gekom men, hat für die britische Regierung eine große Konzession erworben, auf der nun England Eisenbahnen, Kanäle und Chausseen bauen kann und sogar die Polizeigewalt ausübt. Und dies in der freien Republik Columbien, die die Amerikaner längst schon als ihre Ko lonie ansehen. Natürlich waren die Amerikaner auf dem Posten. .Mit Hilfe des Dollars haben sie eine Volksbewe gung in Columbien entfacht, und im letzten Augenblick wurde die Konzession der Engländer verhindert. Der tüchtige britische Oberst hat sich vorläufig ins Privatleben zurückziehen müssen. Aber auf gegeben sind die englischen Pläne noch nicht, und morgen kann es darüber zu einem neuen Konflikt kommen. Die Amerikaner lassen keinen Zweifel daran, daß sie die Gegend des Panama-Kanals als ihre eigene Maditsphäre ansehen und dort keine andere Großmacht auf- kommen lassen wollen. Neben diesen weltwirtschaftlichen Kämpfen, die sidi zumeist im Dunkel der großen Finanz- und Industriepolitik abspielen, erscheinen die jetzt so oft er wähnten Goldkämpfe zwischen den eng- lisdien und amerikanisdien Noten banken beinahe harmlos. Amerika ist durdi den Krieg und die Rückzahlung der Knegssdiulden das grüßte Gold lager der Welt geworden. Die Fran zosen, die früher sehr große Goldbe stände besaßen, versuchen jetzt wieder mehr bares Gold an sidi zu bringen. Wohl nidit ohne politische Neben absichten kaufen sie Gold in England auf und sdiicken es nach Amerika. Das geht so weit, daß der Bank von England, dem größten und angesehensten Bank institut der Welt, allmählich das Gold knapp wird, das es zur Deckung seines l apiergeldes, der Pfund-Noten, braucht. Der Gouverneur der Bank von England mußte sdiheßlich selbst nach New York hinüber fahren, um von den Amerika nern Gold zu entleihen. Nach dem Kriege hat sich die Hälfte des gesamten Goldbestandes der Welt in Amerika angehäuft, und nachdem die Amerikaner schon Milliarden Gold als Kredit in andere Länder versandt haben, besitzen sie noch immer mehr als ein Drittel des gesamten Weltgoldes. Ihre einzige Sorge in dieser Richtung ist, in welchem Tempo sie ihr Geld abgeben und wieviel sie zweckmäßig als Rücken deckung für ihre eigeneWirtschaft zurück behalten sollen; denn das Uebermaß an Gold treibt die Warenpreise ähnlich in die Hohe wie ein Uebermaß an Papier geld. Amerika hat die Sorge des Neu reichen, der buchstäblich nicht -weiß, wo und wie er sein schnell verdientes Geld am besten anlegen soll. England befindet sich in der Position eines alten schwer reichen Rentiers, dem allmählich um die Aufrechterhaltung seines Vermögens bange wird. Noch fließt auch von der Londoner City ein gewaltiger Kapitals strom in alle Welt, und wenn man durch die Straßen rings um die Londoner Börse geht, in denen die Japan-Banken, clie Südamerika-Banken, die Banken für die Kolonien ihre Paläste haben, dann spürt man. daß England noch längst nicht vor Amerika kapituliert hat. Eben jetzt versucht clie neue englische Regierung mit der neuen amerikanisdien Regierung politisch eine Grundlage füi den Frieden zu finden. Man will in beiden Ländern die Flotte abbauen, um die ständige Explosionsgefahr, die sich aus den wirtschaftlidien Gegensätzen ergibt, nicht duidi Rüstungen noch zu verstärken. Denn in beiden Ländern hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß \Y irtschaftskämpfe nidit mit Kanonen ausgcfochten zu werden brauchen. Aber gesichert wird der Friede erst sein, wenn es gelingt, clie wirtschaftlichen Gegen sätze selbst auszugleichen und zwischen den beiden größten Wirtschaftsmäditen der Welt eine Art Kartell zu schaffen, in dem jedem Lande sein bestimmter W irkungskreis zugewiesen ist.