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Staatsmänner behielten sich mir vor. das Urteil zu bestätigen oder abzulehnen. So kam auf der Pariser Sachverstän digenkonferenz der neue Reparations plan, der Yotmg-Pian, zustande. Wenn es hinterher auch noch auf der poli tischen Konferenz im Haag scharfe Aus einandersetzungen gab. so war doch das Wesentliche bereits auf der Wirtschafts konferenz in Paris vereinbart worden. Die Minister der verschiedenen Länder stritten noch über Millionen, nachdem die Wirtschaftsführer sich über die Mil liarden geeinigt hatten. Dabei ist es ziemlich gleichgültig, ob die Wirtschafter zufällig Bankiers sind oder Industrielle. Diese Unterscheidung hat, wenn es um die großen Fragen der Politik geht, heute'Ahnehin keinen rechten Sinn mehr. Denn der Bankier kann, auch wenn er scheinbar nichts macht als Finanz geschäfte, in Wirklichkeit ganze In dustrien beherrschen, und, umgekehrt, geht von den Großindustriellen, die in einem Jahr Milliardenumsätze machen, eine viel größere finanzielle Macht aus als von den meisten Bankiers. Finanz- uncl Industriekapital sind im Grunde ein und dasselbe. Das beste Beispiel dafür bieten die beiden Männer, die als Vertreter Ameri kas auf der Pariser Sachverständigen konferenz saßen: John Pierpont Mor gan und Owen D. Young, nach dem der Young-Plan genannt ist. Morgan ist nach außen hin Bankier, ohne Zweifel der größte Bankier der Welt. Aber ihm gehören zugleich etliche Eisenbahnen und vor allem der bedeutendste ameri kanische Stahltrust, die United States Steel Corporation. Young wiederum gilt als reiner Industrieller. Er ist Ge neraldirektor des größten Elektrizitäts trusts der Welt, der General Electric Company, Präsident der Radio Cor poration und anderer Industriegesell schaften. Aber die große Macht der General Electric C ompany, an deren Spitze Voung stellt, beruht nicht so sehr auf den industriellen Erzeugnissen, die sie in ihren eigenen Fabriken hervor- biingt, sondern auf ihrer unvergleich lichen Finanzkraft, die es ihr ermög licht, außerhalb Amerikas riesige Elek trizitätsbauten zu finanzieren und andere Elektrizitätskonzerne, so jüngst erst einen bet rächt I ich eji Teil der deut schen A.E.G., zu kaufen. Dabei stehen ihr allerdings wieder die Morgan-Ban- ken als Verbündete weitgehend zur Ver fügung. Diese wirtschaftliche Mächte gruppe, die durch die Namen Morgan und Young repräsentiert wird, ist heute wohl die stärkste und aktivste Kraft, über die Amerika in der internatio nalen Wirtschaft und damit auch in der internationalen Politik verfügt. Wir sind in Deutschland daran ge wöhnt, Amerika als den großen, über mächtigen Gegenspieler anzusehen, gegen den sich das zersplitterte Europa auf die Dauer nur erfolgreich zur Wehr setzen kann, wenn die europäischen Staaten sich eng zusammenschließen. Aber weltwirtschaftlich gesehen trifft diese Gruppierung Amerika-Europa dodi nicht den Kern der Sache. Viel wichtiger als die ungleiche Konkurrenz zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und den uneinigen Staaten des europäischen Kontinents ist der Wirt schaftskampf, der an vielen Fronten zwischen Amerika und dem britischen Weltreich ausgetragen wird. Oder sagen wir, der Einfachheit wegen, zwischen New York und London, zwischen Wall street, dem amerikanischen, und der City, dem englischen Finanzzentrum, zwischen clem Dollar und dem eng lischen Pfund. Man neigt häufig dazu, Amerika bereits als den unumstrittenen Sieger in diesem Kampf anzusehen und England als eine Grüße von gestern zu betrachten. Aber so ist es keineswegs. Richtig ist nur, daß Amerika der erfolg reiche Angreifer ist und sfcit dem Kriege große Fortschritte gemacht hat, nährend England in die Verteidigung gedrängt ist. Aber cs setzt sich mit zäher Kraft zur Wehr, und entschieden ist die Partie noch längst nicht. Zunächst muß Amerika einmal den Vorsprung aufholen, den England als Jahrhunderte alte Weltmacht bis zum