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DER SCHÖNE TOD NOVELLE VON EUGEN HELTÄI ZEICHNUNGEN VON HEINRICH BOESE I. S chon in seinem vierundzwanzigsten Jahre war Graf Alexander Jollyot, Herr über Riesenbesitzungen, ein enormes Vermögen, Landschlösser und Pariser Paläste, ein tiefunglücklicher Mann. Denn seine hochgeborenen Eltern hatten ihm außer dem Riesenvermögen auch ein kleines Lungenübel vererbt, wel ches, tückisch und siegreich sich ausbrei tend, ihn schonungslos der Familiengruft immer näher zudrängte. Der junge Graf dachte viel über diese Doppelerbschaft nach und war in seiner Verzweiflung eine Zeitlang redlich genug bemüht, sein Ver mögen durchzubringen, bevor die Krank heit ihn selber ins Grab gebracht. Er mußte aber den aussichtslosen Kampf bald wieder aufgeben, nachdem er eingesehen hatte, daß ihm an Lebensgütern so viel, an Lebensdauer aber so wenig zu Gebote stand, daß sein Vermögen ihn unter allen Umständen überdauern mußte. Er fügte sich darein, daß dem nicht abzuhelfen sei, sowie auch darein, daß er dieses allzu herr liche Leben nur allzubald verlassen sollte. Er mochte sich jedoch vom Tode nicht wie der erstbeste Sieche überrumpeln las sen, sich nicht in vollem Bewußtsein ei nes nahen Endes zu Bett begeben und, allen Kampfes und aller Hoffnung bar, geduldig den letzten Augenblick erwarten. Er entstammte einem alten Kriegerge schlecht, seit den Kreuzzügen war noch kein Jollyot in seinem Bett gestorben. Sein Großvater fiel gegen die Preußen, sein Vater bei Marokko — er allein sollte bequem und zierlich gebettet sterben, wie ein Demokrat? Hätte er von der zarten, gebrechlichen Mutter nicht die verhäng nisvolle Krankheit geerbt, so wäre auch er Soldat geworden, und der liebe Gott, der bisher noch für jeden Jollyot eine feindliche Kugel übrig gehabt, hätte ver mutlich auch ihm diese Gnade nicht ver weigert. So aber mußte er sich anderwei tig nach einem schönen Tode umschauen. Am einfachsten allerdings wäre die Frage durch einen Selbstmord zu lösen gewesen. Diese Art der Erledigung je doch dünkte dem Grafen unmännlich und plebejisch und eher dem Geschmack sen timentaler Handwerker und liebeskranker Nähmädchen würdig. Er wich auch vor dem Gedanken zurück, dem Tode mit klingendem Spiel enlgegenzugehen, im