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Es dauerte auch nicht lange, bis ich meinen Zweck erreicht sah: der Gatte der Bartdame schrieb mir — hinter Sarrasanis Rücken, wie er bemerkte —: welche Be dingungen ich für die Rückgabe des Gebisses stellte? Meine Antwort war: vier Jahre Engagement für seine Frau. Er tele graphierte ab. Ich ging mit einer höheren Gage heran. Ohne Erfolg. Ich wartete. Endlich wieder eine Anfrage. Ich legte noch die Hälfte zu. Gegen das Vierfache dessen^ was er bei Sarrasani bekommen hatte, erhielt ich endlich seine Zusage. Er stellte aber die Bedingung: Vorauszahlung der Gage auf drei Jahre. Der Spaß kostete mich insgesamt schon 32 ooo Pesos. Als ich die Bartdame mit ihrem Mann an Bord hatte, dazu allerdings diesen Aus rufer, mit dem ich nichts anfangen konnte, war ich heilsfroh. Ein wunderbarer Voll bart, wirklich fest angewachsen und reichlich einen halben Meter langl Ich konnte stolz sein auf diesen Erfolg. Als ich, kurz vor der Landung in New York, eines Mittags in die Kabine der Bart herrschaften komme, sitzt da die ganze Ge sellschaft fröhlich Seim Kartenspiel zusam men. Nur die Bartdame fehlt. Statt dessen ist da ein Weib mit einer roten Nase, fett glänzendem Gesicht, die ich noch nie ge sehen habe. Das Trio grinst mich an. Ich erkenne — Entsetzen —, meine Güte: die Bartdame, rasiert, ohne eine Spur von Bartl Sprachlos, gelähmt knicke ich zusammen wie ein Taschenmesser. ,,Sehen Sie, Mr. Cola, sagt der Gatte der ehemaligen Bart dame, „nun werden wir mal ein Jahr Pause machen. Bei Sarrasani haben wir genug verdient, und Sie haben uns auch noch an ständig draufgezahlt. Da kann man sich das erlauben. Schönen Dank für die Reisei“ Und bei der Landung in New York wird mir ein Telegramm an den Dampfer gebracht: „Danke bestens für die ioooo Pesos, die Sie mir durch die Bartdame überwiesen haben, deren Kontrakt übrigens nur noch einen Monat gedauert hätte. Viel Vergnügen in Amerika! — Sarrasani.“ (Autorisierte Übertragung aus dem Englischen von A. II. Kober. Zeichnungen von Godal.) ERBPRINZ oder BETRÜGER? Fortsetzung von Seite 74 indem sie 1876 die Urkunden über die Not taufe, Sektion und Bestattung des am 16. Oktober 1812 verstorbenen Kindes veröffent lichte. Aber die Anhänger der Prinzen theorie konnten erwidern: man habe ja nicht bezweifelt, daß damals ein Kind gestorben und begraben sei, sondern daß dies Kind der Erbprinz gewesen sei; und das stand allerdings nicht ausdrücklich in den Ur kunden. Angesichts dieses Mangels schlüssi ger Dokumente pro oder kontra — dem auch schwerlich die jetzige Öffnung der Archive, von der man soviel erhofft, abhelfen wird — kann man also nur untersuchen, ob nach der ganzen Sachlage und nach dem Charakter der in Betracht kommenden Personen einige Wahrscheinlichkeit für die Annahme eines so furchtbaren Verbrechens besteht. Da muß nun zunächst darauf hingewiesen werden, daß mit der Beseitigung des 1812 geborenen Erbprinzen ja noch durchaus keine Gewähr für das Erlöschen der echten Zähringerlinie gegeben war, da damals sowohl Karl wie seine beiden Oheime noch Söhne zeugen konnten (wie es z. T. auch geschah). Und ferner: ist schon die oben angeführte Er klärung des Rätsels, daß man den Prinzen nicht tötete, sondern einkerkerte, höchst um wahrscheinlich (denn durch ein späteres Wie derauflebenlassen des totgeglaubten Thron erben hätten die Täter ja in erster Linie ihre eigeribn Absichten vereitelt), so fehlt vollends dafür, daß man ihn im Mai 1828 auf so merkwürdige Art in Freiheit setzte und dann bald darauf umbrachte (was man doch vorher bequemer hätte haben können), jeder auch nur halbwegs plausible Grund. Was sodann die in Betracht kommenden Personen betrifft, so kann jedenfalls von Ludwig von Bayern mit aller Bestimmtheit behauptet werden, daß mit seinem zwar überspannten, aber lauteren und humanen Charakter ein derartiges Verbrechen, mag man es auch noch so sehr abzuschwächen suchen, unter keinen Umständen vereinbar ist. Nicht ganz so unbedingt läßt sich von dem badischen Ludwig das gleiche sagen. Er erfreute sich bei seinen Untertanen wie bei seinen Verwandten geringer Sympathie. Er