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KÖRPERBAU UND CHARAKTER Die Poesie aller Völker Jia selten eines Menschen im D ie TVissenschaft aber h ProbL ds> al erm tstets den Zusammenhang zwischen dem Aus- •einem Charakter empfunden und dargestellt, sidi erst in neuererZeit dieses interessanten bemäditigt. D ie Körperfor men sind so verschieden wie die Charaktere der Men schen; aber zwischen beiden besteht eine enge Verbindung. Wenn man schon seit Jahrzehnten, nein sogar seit Jahrhun derten bestrebt war, hinter die Zusam menhänge zwischen Körperbau und Cha rakter zu kommen, so geschah dieses mehr in der Form, daß man einzelne Teile des Körpers Der Körper als Ausdruck des Charakters I. ErnäLrungstyp (der bekannte amerikanisJie Staatsmann William Taft): Breiter Körpertau, Lreiter Schädel, treites GesicLt. näher unter die Lupe nahm, wie z. B. die menschliche Hand, den Schädel und seine einzelnen Partien usw. Aber es ist ja nur natürlich, daß alle Teile des Körpers in einem bestimmten organischen und pro portionalen Zusammenhang stehen und daher eine Diagnose auf Grund der ge samten Körperform in den meisten Punk ten Ähnlichkeit haben muß mit Resultaten, wie diese aus der Hand, aus der Kopf form und Gesichtsbildung gewonnen werden. IFös hat dieses nun alles aber für einen praktischen Wert? Nun denjenigen, daß inan Menschenkenntnis auf den ersten Blick nach besonders typischen Merk malen sowohl lehren als auch anwenden kann. Die Begründung des Zusammen hanges von Körperbau und Charakter gab der Psychiater Kretschmer, indem er er fahrungsgemäße Wechselbeziehungen re gistrierte, die sich auch in der Praxis, speziell nach den Feststellungen des Ober ingenieurs Tramm, durchaus bewährt ha ben*). Eine Symbolik der menschlichen *) Unterscheidet Kretschmer als Mediziner den hageren (asthenischen) Menschen einer seits vom gedrungenen (pyknischen) und an dererseits vom derbknochigen (athletischen), so finden wir eine ähnliche Einteilung — wie ich gleich zeigen will — auch in der von Hüter begründeten Charakterkunde, seiner sogenannten Naturallehre. Von Dr. IMlcix von Kreusch Gestalt kennt man seit Carus; genauere Einzelheiten über den Schädel gab uns in der Grundlage Gail in seiner Phrenologie, um deren Richtigkeit allerdings der Kampf auch heutigestags noch weitertobt. Lassen wir zunächst einmal einen Men schen von weitem sich uns nähern, so daß wir also seine Nasenspitze noch kaum er kennen können, dann fallen uns im wesentlichen nur seine ganze Gestalt und die Konturen seiner Kopfform als Ganzes auf; und diese beiden Merkmale sagen uns schon in ungefähren Zügen, wes Geistes Kind wir vor uns haben. Im Grunde genommen kann eine Persönlich keit einer der verschiedenen Klassen von Menschen angehören: entweder dem meist gemütvollen, nach Ruhe strebenden soge nannten Ernährungstyp (Abb. i), dem Bewegungstyp (Abb. 2 ) oder dem Emp findungstyp (Abb. 3). Das soll nun nicht heißen, daß der erste dauernd auf der Straße Butterbrote ißt, der zweite stets in sportmäßiger Bewegung sich befindet und der dritte in Empfindungen schwelgt wie eine Koloratursängerin, sondern für das gesamte Wesen des Ernährungs naturells (diese Bezeichnungen rühren von Carl Hüter her) ist sein Streben nach Be quemlichkeit, Behaglichkeit, Gelassenheit, Langsamkeit sämtlicher Bewegungen 86 87