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D e r Eincir 1 nar mgiin N o v eil e von Erwin Wzi 11 ’n dem dunkel getäfelten Herren zimmer war es ganz finster. Über l den Bildern, die in breiten Rahmen an den Wänden hingen, lag ein Ilauch tödlichen Schweigens, die Klubmöbel ragten wie unförmige Blöcke in diese lastende, dumpfe Lichtlosigkeit hinein. Die Tür knarrte leise, ein schmaler Spalt öffnete sich. Zaghaft klirrte das Schloß. Wieder Stille. Einen Augenblick schien es, als ob sich die Tür schließen würde, dann aber wurde sie noch weiter aufgetan. — Jemand tastete sich an der Wand entlang bis zum Kamin, in dem ein letzter Funken aufglomm. Der Schatten regte sich eine Weile nicht. Dann schien es, als husche er weiter. In diesem Augen blick aber klang eine Stimme scharf und schneidend: „Wenn Sie noch einen ein zigen Schritt machen, schieße ich ..Der Schatten schien eine Weile zu schwanken, dann stand er still... hochaufgerichtet... regungslos. W ieder die Stimme von vor hin: „W er sind Sie? Was wollen Sie?“ Tiefes Schweigen... Zwei Augen bohr ten sich aus der Finsternis heraus in den Schatten, leuchteten auf. In der Nähe des Fensters mußte der sitzen, der soeben ge sprochen hatte. „Nun, wird’s?“ Wieder die erbarmungslose, kalte Stimme, die zu zupacken schien, wie mit eisernen Griffen. Aus der Richtung, in der der Schatten stand, klang es leise zurück: „Ich . . . wußte nicht...“ — „Daß jemand zu Hause sei,“ setzte die Stimme von vorhin fort, „nicht wahr, das wollten Sie doch sagen, geschätzter Herr... Einbrechen wollten Sie, die Wohnung ausräumen, he?“ Es schien, als ob der Schatten sich wie der in der Richtung, aus der die Stimme gekommen war, bewegen wollte. „Nicht rühren, hab’ ich gesagt; Sie hatten Pech, Yerehrtester... Gerade in mein Herren zimmer haben Sie kommen müssen ... So! Jetzt werden wir uns ein wenig un terhalten, und wenn Sie Miene machen, Ihre Stellung zu wechseln, wenn Sie es nur im entferntesten wagen, sich zu be wegen, so wissen Sie, was Ihnen blüht...“ Ein Auto ratterte auf der Straße vor bei, einen Augenblick lang blitzten die weißen Lichtkegel der Laternen in das Zimmer herein. Gerade so lange war es hell, daß der Schatten neben dem Kamin sich in einen sehr herabgekommen aus sehenden Burschen mit rotem Halstuch verwandelte, dessen Gesicht vor Angst ver zerrt war. Aus hervorquellenden Augen starrte er nach der Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Dort . . . dort beim Schreibtisch saß ein hünenhaft ge bauter, sehr eleganter, glattrasierter Herr. 9