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paarmal, will die Lippen bewegen, etwas sagen: da sinkt der Kopf wieder herab, ein Zittern ist in den Händen, und wieder schlägt die Hacke, und die gelbe Erde spritzt hart und kotig gegen mein Kleid. Im Spital. Ich sitze an der glatten, weißen Wand und warte. Warte, warte. Drinnen klirrt es von Instrumenten, das Wasser rinnt, eine einzelne rasche Stimme, dann Schweigen. Die Minuten schleichen. Eine Fliege kriecht schwarz und zierlich mit kleinen Beinchen die Wand herauf, bleibt stehn, läuft dann wieder von neuem. Warum bleibt sie immer stehn? Ist sie müde? Es regnet wohl draußen. Jetzt nimmt die Mutter die Wäsche herein. Das hätte sie vorher wissen müssen. Wieder die Fliege. Wenn man jetzt den Finger drüber hält, ganz langsam und zudrückt, ist ein roter Fleck, ein dunkler roter Fleck auf der weißen Wand. Alle, die dann hier sitzen, sehn den Fleck, immer den Fleck. Alle, die hier warten, alle, die hier — Schwester, Schwester, was ist das da, was haben Sie da unter dem weißen Tuch, da — hängt ja etwas heraus, etwas Schwarzes, eine — schwarze — Hand — Ich habe nicht geschrien, stand nur stumm auf und ging hinaus. Die weißen Schwestern, die weißen Ärzte mit den Mänteln und den bedauernden Gesichtern: alles weht ganz fern vorüber, es geht mich nichts an, es geht mich alles nichts an. Ich bin stumm und ganz ruhig. Ich habe nicht geschrien, auch drei Tage später nicht, da sie ihn begruben. Es war ja alles zu spät —■ das Gift war schon zu weit vorgedrungen. Aber die Hand, diese Hand — die lag nun auf meinem Leben. Was soll ich Ihnen noch erzählen? Es ist ja nichts mehr. Alles andere. — Ich kam in die Stadt, und ich nahm den Beruf, den Sie nun sehn. Wundert Sie das? Hände, immer nur Hände. Ich habe gelernt, Menschen daraus zu beurteilen. Ich sehe aus Linien, aus Formen mehr als mancher, ich fühle Schicksale daraus und Charakter. Ich pflege solche, die schon gepflegt sind, und ich werfe mich mit Inbrunst über die, die häßlich sind, wild und verkommen. In Erinnerung an eine, an eine, die schmal war und weiß, die ich liebte und die mich geliebt, die dunkel wurde und kalt und die ich nicht vergessen kann, niemals, ein ganzes Leben.“ Es ist spät geworden. Die Musik schweigt. Ich rufe den Kellner, helfe ihr in den Mantel, wir gehn hinaus. Einen Augenblick liegen unsere Hände inein ander. Ich habe sie nie wiedergesehen. Die „Gesellscliaft der J un SS es e 11 en“ von hJiael CJiarol ,as war doch wohl ein Witz! — Aber nein! Wer gibt denn zum Spaß solche Anzeigen auf? — Marks las noch einmal genau den Text des Inserates durch. Für Junggeselle n! Sorgfältige Instandhaltung von Wohnung und Wäsche, Übernahme der Bedienung und Verpflegung. Gesellschaft für Junggesellen ... 210