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Glück und Ende einer Haremsehe Ein ganz und gar wahres Erlebnis Von Mimosa Orientalis D em modernen jungen Mädel, dem die „Freiheit“, seine Erfahrungen selbst zu machen, längst einge räumt ist, kann das kaum zu stoßen, was mir widerfahren mußte, die ich, noch vor dem Kriege, ohne Berufs ausbildung, also aus „guter Familie“ (einem seit Gabriele Reuter sprichwört lichen Begriff), ohne Möglichkeit zu früher Urteilsbildung aufgewachsen war, die ich das wirkliche Leben in all seiner Erbar mungslosigkeit nicht kannte —. Ebenso „unaufgeklärt“, wie heimlich doch nach dem romantischen Erlebnis dürstend, wurde ich kurz vor dem Kriege sozusagen das Opfer erträumter Ideale, die durch über reichen Lesestoff, dieses Surrogat für eigentliches Leben, genährt wurden, wobei die notwendige Revision dieser Ideale durch das wirkliche Leben mir versagt blieb. Als ich großjährig, aber nicht „selbstän dig“ geworden war, gab mir ein kleines Erbe die Mittel zur langerträumten Orient fahrt. Sobald die kleine Summe verbraucht war, erteilte ich deutschen Unterricht in Kairo, hatte arabische, griechische, tür kische, koptische Schüler; einer davon hieß Abd el Latif, ein brauner, kluger, seh niger Kerl aus altangesehener, verarmter, rein arabischer Familie. Er wurde mein Schicksal, wollte mich zur Frau. Wir waren völlig voneinander hingerissen, denn die Kontraste ergänzten sich wundersam! So stürzten wir zueinander, ohne Miß trauen, ohne Bedenken — verbrachten einige Stunden in Tempelruinen, im Helio- polis-Luxushotel, im Mondlicht bei den Pyramiden — träumten schwüle Mittags träume in unterirdischen Grabkammern, in verwilderten Orientgärten, in Alt-Kairos Ruinen, auf luftigen Terrassen über dem Nil, zwischen uns die große Seligkeit ge genseitiger Hingegebenheit — endlich die Erkenntnis, „für einander bestimmt" zu sein. So begann er, mich völlig zu bezau bern, mich einzuspinnen. Unser Verlöbnis kuß in der blumenbunten Wildnis von