DER MALER WINCKLER-TANNENBERG Von BERT ENGEL Friedrich W.iT. ist zur Zeit Bühnern hildner am Schillertheater in Berlin. D er Umstand, daß der Maler und Bühnenbildner Friedrich Winckler«Tannen< berg behauptet, Bühnenbildnerei sei überhaupt kein Beruf, spricht nicht gegen die Tatsache, daß er selber Bühnenbildner ist. Noch manch anderer läuft als lebendiger Gegenbeweis gegen seine eigenen Theorien herum. Aber Winckler« Tannenberg gibt dazu noch eine recht einleuchtende Begründung: wenn der Regisseur ein Könner sei, dann sei der Bühnenbildner das fünfte Rad am Wagen; habe aber der Bühnenbildner Hervorragendes geschaffen, dann bemerke ihn kein Mensch, weil ja sein Werk, wenn es vollendet sei, in aller Bescheidenheit den selbstverständlichen Rahmen für das Bühnengeschehen abgebe. Nun soll eine Tätigkeit, die zwischen fünftem Rad und veilchenhafter Verborgenheit hin und her schwankt, ein Beruf sein ? — Probe aufs Exempel: wer erinnert sich noch an die Bühnenbilder aus dem Film „Mädchen in Uniform“? Kein Mensch. Und warum nicht? Weil sie zu gut waren, um aufzufallen. Doch wie jedes Ding auf dieser wunderlichen Welt, hat auch die Bühnenbild« nerei angenehme Seiten. Winckler hatte vor einigen Jahren im Theater am Nöllen« dorfplatz die Bilder zu Stationen aus Goethes Faust geschaffen. Am Morgen nach der Premiere rief eine bekannte Berliner Fischgroßhandlung bei ihm an: „Dem Chef hat gestern abend Ihr Faust so gut gefallen, daß er anfragen läßt, ob Sie ihm nicht einen Packungsentwurf für unsere neuen Bratheringe anfertigen wollen . . Die Bratheringsbüchse gibt es heute noch. Ein anderes Mal hatte WmcklenTannenberg in den Ausstellungshallen am Lehrter Bahnhof ein KolossahWandgemälde stehen, das das Abendmahl darstellte. Eine Zeitschrift brachte das Bild auf der Titelseite. Kaum war das Blatt erschienen, Sonntag morgens um 9 Uhr, klingelte das Telephon. „Hier . . . Filmgesellschaft. Wir haben heute Ihre Reklame im Weltspiegel gesehen. Möchten Sie uns nicht einen Lustspielfilm ausstatten?". . . Eines Tages, drei Tage vor Weihnachten, wurde Winckler unerwartet zu einer großen Aufführung telegraphisch nach London berufen. Dort fand er eine unerhört interessante Aufgabe vor. Das Colosseum beabsichtigte nämlich die Aufführung des indischen Spieles Vasantasena*). 42 Bühnenbilder! 3 Stunden höchster Pracht« entfaltung, aber ohne Pause, ohne Vorhang, auf der dreifachen Drehbühne, die sonst kein Theater der Welt mehr besitzt! Eine dreifache Drehbühne war da. Zwei bewegliche Ringe um eine drehbare Mittelscheibe. Durchmesser nur — 24 Meter! Es kam nun darauf an, die drei ) Man ^ n< ^ er * e den Namen Vasantasena in „The golden Joy", weil sich die Engländer fast die un ge amit abhrachen, das schwierige Wort auszusprechen. 574