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Erik Nitsche Ein Besuch bei Henry Ford Von Dr. Louis Ferdinand Prinz von Preußen E ine Karosseriefabrik, die Ford beliefert, mit der er aber gar nichts zu tun hat, streikte, da sie ihren Arbeitern sehr niedrige Löhne bezahlt, und Ford sah sich gezwungen, den Bau seines neuesten Modells für einige Tage zu unter brechen, da er auf die Lieferung der Karosserien angewiesen war. Sofort hieß es: Ford ist pleite. Kaum zwei Wochen später zeigte Ford durch die Drohung, daß er sein Geld aus den beiden größten Detroiter Banken zurückziehen würde, daß er weit vom Pleitesein entfernt sei. Sofort geriet wieder alle Welt in Aufregung und beschuldigte Ford, daß er die Bankwelt ruinieren wolle, was letztere des öfteren an ihm, nur erfolglos, versucht hat. Diese beiden Beispiele mögen nur die Tatsache erläutern, daß Henry Ford zu den Männern unserer Zeitgeschichte gehört, die im Brennpunkt des öffent lichen Interesses stehen. Es erscheint mir daher eigentlich als ein müßiges Unter fangen, ihn vorzustellen, da er doch jedermann schon bekannt ist. Aber vielleicht ist es doch möglich, das große Bild, welches die Weltpresse und Weltmeinung von diesem in vieler Beziehung einzigartigen Manne gemalt hat, durch eine kleine Skizze zu ergänzen, die nur einige Züge wiedergeben soll, die, wie ich glaube, bei den Monumentalbildern Fords zumeist vernachlässigt worden sind. Auf unserer Seite des Atlantischen Ozeans scheint Ford hauptsächlich eine Theorie oder besser gesagt ein System zu verkörpern, wie ja hier vieles Mensch liche so gern in Systeme gepreßt wird. Er ist zwar der Automobilgewaltige, mit dessen Produkt jedes Schulkind vertraut ist, aber irgendwie assoziiert sich beim Europäer, wenn er an Ford denkt, zwangsläufig das „laufende Band“, dessen Gedanke allein uns schon eine Gänsehaut über den Rücken schickt. Auf der anderen Seite des Atlantiks ist man weniger theoretisch und system begeistert eingestellt. Man begnügt sich einfach mit der Feststellung: Ford ist ein paar hundert Millionen Dollar wert, ja vielleicht sogar ein paar tausend, man weiß es nie ganz genau; er muß jedenfalls ein sehr guter Geschäftsmann sein. 373