und stumm wie ein Laternenpfahl stand er da; fast hypnotisch blickte er mich an. Doch mir wars, als blitzte der Schalk hinter seinen Brillengläsern. Ein Kerl mit Humor also! „Rührt Euch!“ sagte ich. „Zu Befehl!“ platzte er heraus und setzte seine Kiste ab. „Was ist Euer Begehr?“ „Es sei mir vergönnt, Ihnen einige Katzenfelle vorzuführen“, gab er ernst Bescheid. „Katzenfelle vorführen??“ (Das hatte ich wirklich noch nicht erlebt.) „Mit Ihrer Genehmigung, bitte.“ „Verfügen Sie!“ — Der Mann interessierte mich. Er klappte den Kistendeckel auf und brachte ein Bündel glänzender Felle zum Vorschein, helle und dunkle. „Das wirksamste Mittel gegen Rheumatismus!“ belehrte er mich. „Woher wissen Sie, daß ich Rheu matiker bin?“ „Das sehe ich Ihnen an. Mit Ver laub.“ „Sie scherzen!“ „Scherze kann ich mir nicht leisten.“ Unbeirrt rühmte er die einzelnen Felle; er sprach von Sommer- und Winterfellen. Ich war verblüfft. „Guter Freund“, sagte ich schließ lich, „vielen Dank! Leider sind Ihre Bemühungen vergeblich. Ich habe eine Abneigung gegen alle Felle. Uebrigens will ich mein Leiden mit Atem gymnastik, Diät und Kräutertee ku rieren!“ „Kräutertee? Da kann ich dienen!“ Und schon langte er in seine Kiste. „Bedaure aufrichtig, bin versorgt.“ „Sie sind Zigarettenraucher!“ über- lierferte er mich. „Zündholzschachteln in den Taschen zu haben ist lästig und eines Gentlemans unwürdig. Ich werde Ihnen sofort ein kleines, hoch feines Patentfeuerzeug vorführen! Bequem in der Westentasche zu tragen.“ Dabei kramte er selbstbewußt in seiner mysteriösen Kiste. Katzen felle, Kräutertee, Feuerzeuge . . . Der Mensch hatte alles in seiner Kiste. Es sollte mich nicht wundern, wenn er jetzt eine Landkarte von Sachsen her vorbrächte! Ich mußte abwehren. „Schön“, sagte er zum Schluß. „Ich komme nach dem Ersten wieder. Dann mache ich mit Ihnen bestimmt ein Geschäft!“ Wohlwollend nickte ich ihm zu. Die Hand bereits an der Klinke, wünschte ich ihm inzwischen besten Erfolg. „Noch einen Augenblick!“ bat er zwingend. „Weil Sie mir so aus nehmend Beachtung schenkten, möchte ich Ihren Kopf skizzieren. Schauen Sie bitte seitwärts. Danke!“ Zeichenblock und Stift in Händen, saß er patriarchalisch auf der hoch- gestellten Kiste. „Sie haben ein klassi sches P-rofil!“ Nach wenigen Minuten überreichte er mir mit Hakenkrach das Blatt. Ich war verblüfft. „Was bin ich schuldig?“ „Fünfzig Pfennig, wenn Sie wollen. —• Danke gehorsamst!“ Er blickte zu Boden. „Ich hätte noch eine letzte Bitte: Singen Sie mir ein Lied, irgendein Lied!“ Beschwörend hob er die Hände. „Ich höre so leidenschaftlich gern Gesang. Bitte, singen Sie!“ „Woher wissen Sie, daß ich zu fällig singen kann?“ „Ich habe Sie schon früher einmal singen gehört. Damals wagte ich nicht zu läuten. Singen Sie bitte!“ Da trat ich einen Schritt in den Korridor zurück — und sang. Ich sang ein Lied von inniger Liebe und stetem Gutsein. Es war ein kleines, dummes Lied. „Ich danke Ihnen!“ „Gehabt Euch wohl“, sagte ich, und 422