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Außerdem kommen Photographen mit. Der eine interviewt den Portier, der die Leiche gefunden hat. Der zweite interviewt den Polizeiarzt, der noch bei der Feststellung der Todesursache ist. Der dritte interviewt die Hausbewohnerin, die beim Anblick des Toten in Ohnmacht gefallen war. Der vierte interviewt die Frau des Toten. Inzwischen knipsen die Photographen, was sie nur kriegen: den Abtransport der Leiche, die Szenen in der Familie, die ernsten.und ent schlossenen Gesichter der Konstabler. Die Reporter geben dann sofort Teilberichte von 15 bis 20 Zeilen Länge an die Zeitungen durch, die gewöhnlich so, wie sie sind, ins Blatt kommen.“ „Wie schreibt der Reporter?“ ,,Es ist wirklich bemerkenswert, wie gut, lebendig, klar und knapp der amerikanische Rechercheur schreiben kann. Er telefoniert seine Berichte sofort durch, und doch sind sie anschaulich, lebendig und interessant. Der Lokalredakteur braucht nur noch etwas zu glätten, im großen und ganzen aber sind sie schon fertig, wenn sie durchtelefoniert werden. Bei so einem Bericht kommt zuerst in wenigen Zeilen eine vollständige Schilderung des Vorfalls. Dann werden alle Nebenumstände und Einzelheiten ausführlich dargestellt. Darauf folgen die zahlreichen Interviews.“ „Was verdient der Reporter?“ „Im Anfang 30 bis 40 Dollar die Woche, die Besseren schrauben sich dann auf 200 bis 300 Dollar. Doch gibt es natürlich viele Stars, deren Bezüge in die Tausende gehen. So ist politischer Reporter mit Rieseneinkommen der frühere Boxweltmeister Gene Tunney — mit großem Erfolg versteht sich.“ „Verschaffen sich die Reporter manchmal einen kleinen .Nebenverdienst'?“ „Na ja, das kommt schon vor. Vor allem bei den Zeitungen, die ihre Reporter auch als Anzeigenakquisiteure benutzen. Da bringt dann die .Vereinsreportage' etwas ein. Die Artikel über die Veranstaltungen und den Betrieb der Vereine sind so schön, daß sich die Vorstände schon mit einem Inserat revanchieren müssen. Gelegentlich wird die Stimmung eines Bericht erstatters auf einem Fest dadurch verbessert, daß man ihm einen Scheck von 25 Dollar aufwärts in die Hand drückt. Auch die Nennung der Anwesenden bringt manchmal etwas ein: fünf Dollar pro Name, der in der Zeitung erscheint. Das ist natürlich nicht üblich, aber es kommt doch vor, und niemand findet es weiter schlimm.“ „Was interessiert den Leser sehr stark?“ „Sehr viel immer noch Prozesse. Die Staats- und Rechtsanwälte, die von den Reportern gewöhnlich bei Vornamen genannt werden, müssen bis zur Erschöpfung Interviews geben, und nach Beendigung des Prozesses wird manchmal auch der Richter vorgenommen.“ „Wie steht es mit dem ausländischen Besucher?“ „Der wird natürlich, sofern er prominent ist, heftig interviewt. Zu diesem Zweck fährt ein Zollkutter mit den Reportern zur Quarantänestation, und dann wird der Fremde auf seinem Ozeandampfer von den Boys gestürmt. Sie haben ja genug Zeit für die Interviews: den Auf enthalt auf der Station und die dreiviertel Stunde Rückfahrt in den Hafen.“ „Was wird aus dem Reporter im Alter?“ „Die Reporter sind gewöhnlich m einer Privatversicherung. Von der erhalten sie eine Pension, in vielen Fällen auch von der Zeitung, bei der sie lange waren. Oft aber wechseln sie in einen anderen Beruf über, den sie in ihrer Reporterzeit aus irgendeinem Grunde kennen und schätzen gelernt haben.“ 416