Besuche in der vierten Dimension Von Rudolf Gr oß mann W ir rücken heute der Seele von allen Seiten auf den Leib. Man will sie er kennen, beweisen, erfühlen. Daß es sie gibt, wird ziemlich allgemein an genommen; steht — wie ferngerückt ist das materialistische 19. Jahrhundert — nicht mehr in Frage. So sucht man ihr denn auch richtig beizukommen, und die „Seelenkunde“ befindet sich heute im Brennpunkt aller geisteswissenschaftlichen Arbeit. Unser gesamtes Kunstschaffen ist von gleichem Drange bedingt. Unser Innenleben drängt immer mehr die Außenwelt zurück. Unsere Sinne werden nur noch Vermittler zwischen den beiden Seelenformen: der inneren und der äußeren. Der Mensch ist im Begriff, auf Erden zu sich zu kommen. Das ungeheure Reich des Unbewußten beginnt sich erst zu erschließen, die Wissenschaft hat sich nur zögernd hineingewagt. Die Methoden und Apparate funktionieren noch nicht recht, und die Entdeckerarbeit leisten in ihrem Sinn die kühnen und schlauen Pioniere, die Hellseher und Astrologen. Wenn auch positiv dabei noch wenig herauskommt bei diesen merkwürdigen Erfühlungen und Aufspürungen von Dingen jenseits des Alltags, so sind die Begleitumstände, unter denen sie gesche hen, und auch die Nieten um so merkwürdiger und aufschlußreicher. Auch der Boden, auf den sie fallen, müßte auf seine Auf nahmefähigkeit untersucht werden. Man könnte eine Topographie der vierten Dimen sion aufstellen. Nach dem Kriege war z. B. München ein ergiebiger Ort für Gespenster außerhalb von uns, die selbständigen Daseins dem Urboten oder vergangenen Zeiten irr- lichternd entstiegen. Später, eigentlich erst heute, packts auch den aufgeweckten Berliner, wenn er durch die Unsicherheit und die Überstürzung der Ereignisse in seiner Stadt seine Vitalität und Strammheit verliert und irgendwo manchmal was Durchsichtiges, fadenscheinig Gespensti sches aus ihm herausguckt. Dann läuft er zu Sehern und Astrologen. Das Wort Seele ist ein Debnbegriff gewor den. Vom christlichen Dogma über ihre Un sterblichkeit bis zur Ansicht eines Chirurgen, wie Hier, der die Seele gleich Reiz setzt, ist ein weiter Weg. Früher riß die schwarze Magie, als unser Glaube an die vierte Di mension, noch in den Kinderschuhen steckte, mit einem Donnerschlag das Jenseits auf — Rudolf Großmann Cone aber noch immer erwarten wir von unseren 870