Volltext Seite (XML)
die erste Runzel in meinem Gesicht ent decke, bringe ich mich um.“ — ,,Piff- paff“, macht Forain. Zur Zeit der Affäre Dreyfus fragt Henri Bernstein den für seinen Anti semitismus berüchtigten Forain: „Ihr Jesus Christus war doch auch ein Jude, nicht wahr?“ — „Ja“, gibt der Zeichner mit einem kleinen Lächeln zu, „aber aus Demut.“ Als der Vorläufer Steinachs und Voronoffs, Brown-Sequard, die Ergeb nisse seiner Forschungen veröffentlichte, wonach er mit Meerschweinchenserum die Männlichkeit steigern könnte, sagte Forain: „II suffira desormais de douze cochons d’Inde pour faire un cochon de Paris.“ Während des großen Krieges trug Forain eine Phantasie-Uniform und war durch keinerlei Vorstellungen von dieser Marotte abzubringen. Eines Tages stand völlig unerwartet Marschall Foch vor ihm, maß ihn von oben bis unten und lächelte ironisch: „Schade, daß Forain Sie nicht sieht, er würde Sie mit Ver gnügen verewigen!“ Forain, der als Offizierstellvertreter Frontdienst machte, wurde eines Tages von einem visitierenden General wegen seiner saloppen Adjustierung gestellt. In der einen Hand die Zigarette, die andere Hand in der Hosentasche, stand er mit weit nach hinten geschobenem Käppi vor dem Vorgesetzten. „Sie sind der berühmte Zeichner Forain?“, fragt der General. „Ja, der bin ich." „Zu Ihrer Begabung muß ich Ihnen gratulieren, aber wenn Sie mit einem Vorgesetzten sprechen, dann haben Sie eine militärische Haltung anzunehmen!“ „Ich bin Zivilist“, brummte Forain. „Vorwärts!“begann sich der General zu ärgern. „Ich kann nicht.“ „Nur Mut, Hände an die Hosen naht, Absätze zusammen, Blick grade- aus!“, und seine Worte durch die Tat begleitend, nahm der General die Hal tung an, zu der er den berühmten Zeichner veranlassen wollte. Forain blickte seinen Vorgesetzten einige Sekunden lang erstaunt an, dann kommandierte er: „Rührt euch!“ Selbst im Angesicht des eigenen Todes konnte dieser wahre Satiriker nicht schweigen. Als der behandelnde Arzt Forains Frau mit den Worten zu beruhigen suchte: „Das Herz funk tioniert gut, die Nieren arbeiten zu friedenstellend . . .“, fuhr Forain, dessen guten Ohren nichts entgangen war, im Tonfall des Arztes fort: „ . . . es geht ihm ausgezeichnet, er wird, von allen Krankheiten geheilt, sterben.“ Als man Tristan Bernard dieser Tage fragte: „War Forain ein guter oder ein böser Mensch?“, zog er sich mit den Wor ten aus der Affäre: „Er zeichnete gut.“ Zur Naturgeschichte des Pyja mas, En ce momeilt, les „Alphonses“ doivent pulluler. Je vois cela aux chemises masculines, qui sont des che- mises d’hommes de la prostitution. Voici entre autres les Pajamas ou Costume pour dormir. Costume pour dormir: 5a dit-il des choses : Et il faut voir le costume c’est une che- mise de soie, ornee de brandebourgs, comme une peste de hussard, et qui cöute 45 francs. — (Journal des Goncourts, TomeVI, 1882) Degas ärgerte sich immer, wenn er durch den Salon ging. Einmal sagte er bei einem solchen Spaziergang zu seinem Freund Tourny: „Diese Men schen wollen ja gar nicht malen. Ein Bild muß mit demselben Gefühl ge macht werden, wie ein Verbrecher seine Tat ausführt.“ Der Tenor. Der bestbezahlte Tenor der Welt, Lauri Volpi, zeigt auf seine Stirn: „45 Opern! Und alle auswendig!“ Er schläft meistens und sieht von der Welt fast gar nichts. Sein Leben besteht aus Triumphen, Umarmungen und Streit mit Managern. Eine neue Stadt bedeutet für ihn: ein neues Podium, das ausprobiert werden muß. Volpi haßt alles, was mit Theater zusammen hängt. Tenor malgre lui . . . 632