Munch Bei Edvard Munch Von Broby Johansen I m Winter. Bei klingendem Frost trat ich eines Morgens eine Pilgerfahrt an, nach der ich mich jahrelang gesehnt hatte: ich wollte das größte Malergenie unserer Zeit in seiner Höhle aufsuchen. Es ist sehr schwer, sich in den Hügeln, Wäldern und Fjorden der weiteren Umgebung von Oslo 2urechtzufinden. Niemand von den Landbewohnern, denen ich begegnete, wußte etwas- von einem Mann, der den merkwürdigen Namen Munch hatte; sie blickten mich erstaunt an und fragten: Ka . . ka . . (in ihrem ostnorwegischen Dialekt). Da komme ich aber zu einer Lichtung im Walde. Auf beiden Seiten des Weges stehen schneeschwere, dunkelgrüne Fichten. Der Schnee liegt unberührt über dem weiten Abhang, an dem sich hier und da einzelne Stämme gegen den opal grauen Himmel abheben. Da hinten steht in der ruhigen, schwermütigen Winter einsamkeit ein großes, ockergelbes, zweistöckiges Blockhaus. Dort wohnt Munch! Es ist aber sehr schwer hereinzukommen. Es haben schon viele berühmte Journalisten, die tagelang gefahren sind, um Munch zu interviewen, unver richteter Sache zurückkehren müssen. Ich klingle. Ein großer Hund kommt an den Stacheldraht 2 aun gelaufen. Ein Gärtner fragt, was ich will. Ich ziehe einen zerknitterten Zeitungsausschnitt aus der Tasche, mit der Bitte, ihn an Munch zu geben. Es ist nur eine Kritik einiger Munch-Bilder, die in Kopenhagen ausgestellt waren, und für die ich mich so begeistert hatte, daß ich eine Zeitung dazu bewegte, meine jugendliche Begeiste rung zu drucken. Das ist eine bescheidene Einführung. Und ich muß lange warten. Aber ich werde meiner Sache immer sicherer. Denn die Zeilen sind gut ge schrieben, das weiß ich. Und wenn ich mal . . . Da kommt ein Mann heraus. Ich glaube, er hatte Holzschuhe an. Ein breit- 623