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aber und sieht man ihn sprechen, dann begreift man, was ihn von seinen durch schnittlichen Standesgenossen unter scheidet, warum er sich nicht bloß für Schweine- und Weizenpreise und für die Auerhähne seiner österreichischen Jagd interessiert. Es ist die Sen sibilität und Forscherkühnheit seines Geistes, die ihn zu einem Menschen aus der Avantgarde des zwanzigsten Jahr hunderts stempelt, die ihn über die parlamentarische und berufliche Arbeit hinaus auch noch zu einem respektablen Historiker macht. In der Einleitung zu seinem geschicht lichen Buch „Führer und Völker“ (Berlin 1931) nimmt Schlange-Schöningen nicht nur zu seiner historischen Arbeit, sondern wohl auch zu seinem ganzen Leben und Wirken Stellung, wenn er schreibt: „Diese klare Willensbildung (der Nation) ist nur zu erzielen, wenn man, in Ehrfurcht vor dem Großen der Ver gangenheit entschlossen ist, Fehler zu erkennen, um aus dem Gesamtbild zu künftiger Notwendigkeiten und deren Grenzen zu entnehmen." Dieser Musterlandwirt ist eben über die ostelbische Verstocktheit des Nicht- lernenwollens erhaben. Das Brot wäre billiger und das Leben leichter, käme solch glückliche Synthese bäuerlicher Kraft und städtischer Geistigkeit in zahlreicheren Exemplaren der Gattung deutscher Landwirt zustande. O. B. Server. Ihren geringen Bedarf an Literatur decken die Balten, wenn sie in eine mitteleuropäische Hauptstadt verschlagen werden. So kam einst der junge Baron F. in die Nicolaische Buch handlung in Berlin und verlangte nach „eijnigen kleijnen schweijnischen Biecherchen“. Auf die leicht erstaunte Ablehnung des Verkäufers verließ er das Lokal mit dem ehrlich empörten Ausruf: „Dreckausschank!“ Kurio. „An allem ist Hütchen Schuld.“ Auf Papiergeld manchmal sieht man ihn, den eilenden Merkur mit den Flügelschuhen und dem Flügelhut, den Mann, der seinerzeit allerdings nur in Diensten der Olympischen Götter G. m. b. H. Auto, Radio und Fern sprecher in einem war. Es ist der Gott des Handels und der Prosperität. „In emptionibus venditionibusve se circum- venire licet“, heißt es im corpus iuris; bei Käufen und Verkäufen darf man sich übers Ohr hauen. Aus diesem Grunde hat der schlaue Gott auf eben diesem Ohr, scheint mir, den Sturmhut. In den amerikanischen Schützen gräben vom Vimy — sie sind jetzt noch wohl konserviert als ein schmuckes Labyrinth — sieht man auf der Brüstung ein paar Stahlhelme der Kana dier, sorgsam verteilt zwischen rostigen M. G. und angeketteten Flinten, und diese flachen Stahlhelme haben eine nicht abzuleugnende Aehnlichkeit mit dem lustigen Merkurhut auf den Bank- affichen, und beide Hüte, der Hut des Kapitals und der des Militärs,' wißt Ihr, wo der jetzt thront? Nun, mein Gott, wer anders schützt und finanziert denn — die Frau, die Frau des zwan zigsten Jahrhunderts. Kein Wunder, Helena, die liebliche Sklavin aus Kapi tal und Imperium, hat den kleinen koketten Hut mit den zierlichen Wan derer-Flügeln von ihren Schützern ge schenkt bekommen, und sie trägt ihn auf dem linken Ohr, Du' kannst es sehen, schon morgens in der rue de Castiglione kannst Du’s sehen; kleine Hüte, lauter kleine Hüte, tausend Mil lionen kleiner Hüte füllen bereits die Straßen der Hauptstädte. Und Tauber, ich bitte Sie wer sonst, also der Tauber wird diesen Leuten dazu den lang samen Blues singen, wieder einen neuen Blues oder Tango, mit dem erborgten Atem der Leidenschaft: Ach, nimm ihn doch noch einmal auj und ab den kleinen Hut. Philander de Camp. 644