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UNTERHALTUNG Wir haben Auto und Telefon, elek trisches Licht und Flugzeug, Radio und Tonfilm, wir haben, mit einem Wort, einen schönen Zipfel der Macht über die Dinge des materiellen Lebens in der Ffand; fehlt uns noch die Kontrolle über unsere eigene Gesundheit; diese Kontrolle der Menschheit in die Hand zu geben, sei die Aufgabe der Erfinder, und zwar schon der Erfinder der nächsten Generation. So meint es der 84jährige Thomas A. Edison in einem Interview, das sein wissenschaftliches Testament sein könnte. Die Hygiene das große Feld der Zukunft! Die Hygiene die Hauptaufgabe der Tech nik, die sie lösen wird! Der alte Mann sagt es mit strahlender Ueberzeugung. Die Herren der amerikanischen Review of Reviews fanden ihn unver ändert in seinem durch zwei Stock werke gehenden neuen Riesenlaborato rium in West-Orange. Er ist so robust, so taub, so mild, so lebhaft wie je. Er hat erstaunlich kurze Reaktionszeiten. Auf die heterogensten Fragen gibt er schnelle, fertige, konkrete, überraschende Antworten. Man fragt ihn, ob er, Edison, es weiter gebracht haben würde, wenn ihm schon immer die großen Geld summen und anderen Erleichterungen zur Seite gestanden hätten, über welche die Erfinder von heute, dank der In dustrie, verfügen können. „Aber selbst verständlich; ich habe 45 Jahre mit den Zahlungsterminen zu kämpfen gehabt.“ Er ist der Ansicht, daß nicht wissen- sdiaftliche Neugier, sondern der Wunsch, Geld zu verdienen, hinter den meisten großen Erfindungen stehe. Die meisten Erfinder, meint er, brauchen das Geld, um ihre Familien bescheiden zu ernäh ren; wenn sie darüber hinaus noch etwas Geld verdienen, so macht es ihnen nur darum Freude, weil sie nun weiterexperimentieren können. „Gibt es bestimmte, große Gebiete, die die Forschung der Zukunft bevor zugen wird?“ Die Frage ist gefallen. MIT EDISON Edison besinnt sich keinen Augenblick, sondern antwortet, diesmal schriftlich, mit Bleistift seine gleichmäßigen, charaktervollen Buchstaben setzend: „Gewiß. Das Hauptfeld der zukünfti gen Erfindertätigkeit ist unsere Gesund heit, erkämpft durch Biologie und Chemie.“ „Krankheit“, fährt er fort, „liegt heute noch schwer auf dem Arbeiter. Es ist nicht leicht für ihn, den richtigen Arzt ausfindig zu machen, und die rich tige Kur ist fast immer kostspielig. Es gibt auch zuviel Krankheit in der Welt. Etwas Entscheidendes muß dagegen ge schehen, und hier wartet auf Biologie und Chemie die große Aufgabe.“ Bei diesen Worten unterbricht ihn sein getreuer Meadowcroft, um sechs Jahre jünger als er, seit fünfzig Jahren das Bindeglied zwischen Edison und der Welt. Er bringt ihm Milch in der Thermosflasche. Seit langem ist Milch die ausschließliche Nahrung Edisons, ein Glas Milch alle zwei Stunden, selten nur gönnt er sich ein Gläschen frischgepreßten Apfelsinensaft. „Als Milchtrinker trat ich ins Leben ein, als Milchtrinker will ich aus dem Leben scheiden. Milch ist das einzige vom großen Chemiker vollkommen richtig ausbalancierte Lebensmittel.. . Achtzig Prozent der Menschen sterben an Ueberfütterung . . . Und nach seinem 81. Jahre braucht der Mensch über haupt nicht mehr viel oder vielerlei Essen ... Es gehört Mut zur Ent sagung, aber das viele Essen ist wirk lich überflüssig. Mein Körpergewicht bleibt unverändert, ein Beweis, daß ich beim Milchtrinken bleiben muß.“ Man fragt den Erfinder der Glüh lampe und der elektrischen Straßen bahn, ob es auf dem Gebiete der Elek trizität noch viel zu erfinden gebe. „Aber alles!“ ist seine prompte Antwort. „Wir haben kaum erst einen Anfang gemacht. W'ir wissen nicht ein mal, was Elektrizität eigentlich ist! Sie ist dem Licht ähnlich. Wir haben eine 202 V