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Hans Sinogli Spanische Revolten Von Karel Capek D ie politischen Verhältnisse in Spanien sind, wie mir scheint, nicht so kon solidiert wie in Italien; wie mir mein Informator erklärt hat, sind die letzten wichtigen Ereignisse diese: zum Vorsitzenden der Regierung hat sich der General der Artillerie Gonsalvez ausgerufen, aber er wurde von dem General der Kaval lerie Graf Alvarez verhaftet, der sich zum Regierungschef ausrief; dieser Alvarez wurde jedoch von dem General der Infantrie Gomez verhaftet, und die Kavallerie kaserne wurde von der Infantrie in Grund und Boden geschossen. Jedoch der General Gomez wurde von dem Pioniergeneral Lopez verhaftet, worauf selbiger von dem Fliegergeneral Marquis Rodriguez verhaftet wurde. Im Laufe eines halben Jahrs wurden alle Generäle eingesperrt, und zum Regierungschef rief sich der Oberst Perez aus, worauf sich in raschem Tempo alle Obersten ablösten und die Majore an die Reihe kamen. Gestern hat den letzten Major, den Regierungs chef Sauchez, der Kapitän der Kavallerie Martinez verhaftet; aber die Infanterie offiziere erklären schon heute, daß sie sich von keinem Reitersmann befehligen lassen; auch unter den Artilleriekapitänen gärt es bedenklich. Der König von Spanien hat gestern erklärt, daß er volles Vertrauen in den Kapitän Martinez und dessen Kabinett setze. Auf der Puerta del Sol hat die Polizei Demonstranten aus einandergejagt, ohne daß es ihr gelungen war zu ermitteln, gegen wen sie demon strierten. Kapitän Martinez gab den Vertretern der Presse bekannt, daß er die Regierung nur deshalb ergriffen habe, um die Ordnung zu erneuern und kon stitutionelle Verhältnisse herbeizuführen, sobald die allgemeine Situation es gestatten würde. Diese Formel verwendet jeder neue Regierungschef, worauf er in der Regel verhaftet wird, damit wiederum jemand anderer die Ordnung er neuere und konstitutionelle Verhältnisse einführe. Portugiesisches Postscriptum. In Lissabon habe ich mich vergebens nach jemandem umgesehen, der mir unparteiisch die dortige politische Situation erklärt hätte. Schließlich kaufte ich mir eine englische Zeitung, darin waren Depeschen, daß in Lissabon die Revolution ausgebrochen sei und daß die Kriegsflotte die Regierungskaserne beschieße. Aber auf den Straßen sah ich nichts dergleichen, hörte auch nichts, vielleicht aus dem Grunde, weil es zu warm war. Ich fragte im Hotel den Oberkellner, ob heute irgendeine Revolution stattfinde. „Ja, Herr“, sagte er, „ich weiß wenigstens nicht, mein Herr, weshalb sie heute nicht stattfinden sollte.“ Ich begab mich zum Hafen, um nachzusehen, aber dort gab es keine Kriegsschiffe. Tags darauf las ich in den englischen Zeitungen, in Lissabon hätten die Kämpfe zwischen den Regierungstruppen und den Auf ständischen den ganzen Tag angedauert; die Regierung habe eine beruhigende Kundmachung erlassen und bereite sich zur Flucht vor. Ansonsten herrschte den ganzen Tag Ruhe: in der Nacht lauschte ich den portugiesischen Serenaden, die sehr schön sind. Tags darauf stand in den englischen Blättern, Präsident Pereiza sei nach ernsten Straßenkämpfen ins Ausland abgereist, und Präsident Munheira habe sich der Herrschaft bemächtigt. Mehr konnte ich nicht feststellen. 186