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Ich glaube an den sprechenden Film Jacques Feyder W ie alle Welt, bin auch ich durch ein erstes Stadium hindurchgegangen: Tönender Film: jal Sprechender: nein! Absurdes Stadium! Sehr rasch ist man zum sprechenden Film hinübergeglitten, denn ein tönender Film mit geschriebenen Titeln gibt einen Eindruck von Taubheit. Das ist ein schwächliches Zwittergenre, ein Übergangsgenre ohne Zukunft. Warum sollte man einen Teil der Geräusche hören und einen anderen nicht? Und in einer dramatisierten Geschichte müssen doch die Personen manchmal spre chen? Also! Ohne Zweifel ist der sprechende Film überall die nächste kommer zielle und industrielle Zukunft. Sein Schauspielwert ist unbestreitbar. Aber ich gehe weiter: Der sprechende Film trägt alle Möglichkeiten einer erwei terten kinematographischen Kunst in sich, die endlich von allen Zwi schentiteln befreit und um alle klang lichen Reize bereichert ist. Lange Zeit hat man vom schwei genden Film gesagt: „Das ist eine Kunst im Kindesalter!“ Man wieder holte diese Phrase von Jahr zu Jahr, und das Kind wurde und wurde nicht Oscar Berger, Jannings als Othello größer! Bis zu dem Augenblick, wo man bemerkte, daß dieses Kind ein Zwerg war ! Leider eine definitive Wachstumsstörung, denn der stumme Film ist und bleibt ein unvollkommenes Instrument, wenigstens für den Zweck, den man damit verband. Denn wozu sollte der stumme Film dienen? Geschichten zu erzählen, Romane, Dramen, Komödien? Es war ein beinahe unlösbares Problem, ein ständiger Eiertanz, so unmöglich, als wollte man eine Miniatur mit einem dicken Pinsel malen. Ein unzweckmäßig, ja widersinnig gebrauchtes Werkzeug. Könnten wir nicht anderes tun als Geschichten erzählen? Nein ... Das große Publikum will Geschichten, und da der geringste Film hundert tausend Dollar kostet, ist es absurd, die Amortisation eines stummen Films zu versuchen, dessen Sujet dem sehr beschränkten, dem stummen Film eigentlich gemäßen und zugehörigen Motivenkreis entstammt. Solche Sujets möchte ich eher „Themen“ nennen: Das Thema der Lokomotive, das Thema des reißenden Bergstroms, das Thema des Trabrennens, das Thema des Meeres usw. usw. Sie können nur ein begrenztes Publikum interessieren, nämlich jenes, das für visuelle