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Clowns sind von einer ändern Rasse als der sogenannten weißen — von einer noch weißeren, die sich von kondensierter Milch und Mehlkleister nährt. Eigentlich sind die Clowns eine Art von_mehlstaubbedeckten Bäckern, die das Lach-Brot für die ganze Welt backen. Der Clown sieht aus, als ob er traurig wäre, weil er einem Menschen gleicht, der weint; aber man bedenke, daß er ebenso einem lachenden Menschen gleicht, was der Tatsache, daß er wie ein weinender Mensch aussieht, nicht widerspricht, da der Clown ein Mensch ist, der vor Freude weint. Was dem Clown diesen traurigen Ausdruck gibt, ist jene halbe schwarze Träne, die er sich auf das innere Augenlid malt, und überhaupt die Augen, die er so malt, als ob sie vom Weinen geschwollen wären. Und das bedeutet nichts anderes, als daß er, um zu verschwin den, sich zu verwandeln, sich auszulöschen, seine Augen verdeckt, seine Augen verstellt: er will nicht, daß man seine Augen sieht. Der Clown sieht so traurig aus, weil die Frauen ihn als Liebhaber nicht an erkennen. Sie machen sich über ihn lustig, und das Schlimmste, was einem Mann geschehen kann, ist, daß eine Frau ihn nicht ernst nimmt. Der einzige Trost, der ihm bleibt, ist der andere, der mit ihm spielt, der Bruder, der gerade so wie er selbst ein Stiefkind der Natur ist, mit dem er — nach ihrer kurzen Stunde unbekümmerter Fröhlichkeit — nachts durch die einsamen, abgelegenen Fau- bourgs wandert. Noch eine andere private Tragödie kennt der Clown: seine Nase bleibt rot und kolbenartig; und wenn er auch Zivil anzieht, er muß doch schamvoll das Stigma seiner Nase mit sich herumtragen. Das alles muß er vergessen, und er vergißt es in der Stunde der Behendigkeit und des Rauschs, wenn er die rote Perücke anlegt, die sich auf seinem Schädel hebt und dreht. Mit der Perücke wandeln sich die Gedanken und stimmen ihn fröhlich. Früher spielten sie ohne Perücke, aber ihre natürliche Kopfbedeckung wurde durch die Hiebe so mitgenommen und bekam soviel Lichtungen, daß sie sie schützen mußten. Der Clown ist das einzige Wesen, das die kleinen, untergeordneten Dinge mit Sorgfalt, einen Stuhl, eine Kanne mit Liebe behandelt. Er liebt seine Kleider. Eine spezielle Zuneigung hegt er für seinen Hut, besonders, wenn er ihn ab nimmt und auf die Erde legt. Was für liebevolle Blicke wirft er ihm zu! Die Clowns raffen alle Hüte zusammen, die die Menschheit fortwirft. Sie schneiden die Ränder ab, garnieren sie mit einer Feder vom Flederwisch und benutzen sie eine Saison lang. Der Schneider kleidet die Exzentriks, und wenn sie bei ihm das alberne Kostüm bestellen, das sie benötigen, macht er große Augen und wird mißtrauisch; und so schwer es ihnen fällt, sie müssen ihm gestehen, daß sie Exzentriks vom Zirkus sind. Der Schneider lacht sich tot. Er ändert alle Striche, die er mit der Kreide gezogen hat, und beginnt wie ein Verrückter ein unsinniges Kostüm zu impro- 104