Kölner Karneval 1842 Die geschwätzigen Weiber Ganz ähnlich geht es auf den volkstümlichen Bällen her, in den Coloniasälen, dem Maurischen Tempel, Eigelsteinkasino, bei Zilisch und in den vielen großen und kleinen Sälen, in denen Dienstmädchen, Verkäuferinnen, Chauffeure, Ar beiter, Rennfahrer Fastnacht feiern. Oft sehr witzige Kostüme, viel Gebrüll, begeistert gesungene Karnevalslieder beim Tanz, manchmal irgendein uraltes, gemeinsames Kreisspiel, das in wildes Tohuwabohu ausartet, und natürlich viel derbe Zärtlichkeit in den Ecken. Aber auch hier geschieht zum mindesten öffent lich nichts, an dem Anstoß genommen werden könnte. Allerdings läßt sich nicht leugnen, daß von alters her der kölnische November ein besonders kinderreicher Monat ist. Der Straßenkarneval beginnt in Köln nicht erst an den drei Karnevalstagen. Er hat aus ältester Überlieferung ein Vorspiel am Donnerstag vorher, der „Weiberfastnacht“, die sich allerdings auf die Gegend um die Markthalle be schränkt. Ein besonderes Vergnügen der Marktfrauen an diesem Tage ist es, in Männerkleidung herumzulaufen, was bei dem meist mehr als stattlichen Wuchs dieser Damen für Ästhetiker kein angenehmer Anblick ist. Die Damen selbst fühlen sich aber in „ihrem Fastelovend“ äußerst wohl und „machen die ganze Nacht durch“ im „Straßburger Hof“, im „Paradies“, im „Witwenkeller“, wo übrigens das ganze Jahr „Witwen“ in ihrer Einsamkeit Trost — und nicht nur im Alkohol! — finden können, und in vielen anderen schönbenannten Lokalen. Das Maskentreiben auf den Straßen war früher bei der ganzen Bürgerschaft Brauch. Heute ist es vorwiegend ein Vergnügen des „Volks“ geworden. In den alten Vierteln kann man da noch ganz köstliche Figuren und Gruppen sehen, und wenn sich etwas davon auf die Ringstraßen verirrt, erregt es bei den gesittet 97